Das sind gute Aussichten für viele Menschen in NRW: Nach dem Pfingst-Spaziergang zu Kaffee und Kuchen ins Café - oder vielleicht sogar übers Wochenende zum Kurzurlaub ins Sauerland, an die Nordsee oder ins frühlingsgrüne Münsterland. Viele Hotels dürfen jetzt wieder öffnen. Auch für Einkäufe in Geschäften ist in vielen Orten kein Termin mehr nötig.
Möglich ist das alles aber nur dort, wo die Sieben-Tage-Inzidenz fünf Werktage am Stück unter 100 liegt. In immerhin 33 von 53 Kommunen ist das jetzt der Fall - zum Beispiel in Bonn, Münster oder im Hochsauerlandkreis. Sämtliche Öffnungen sind aber nur unter strengen Hygieneregeln möglich: Testnachweis, Maske, Abstand.
Doch selbst mit Maske und Abstand: Die wiedergewonnene kleine Freiheit darf durchaus für Glücksgefühle sorgen - immerhin entbehren wir seit Monaten solche Annehmlichkeiten, die vor Corona einmal selbstverständlich waren. Die Kunst ist jetzt, sie nicht leichtfertig zu verspielen.
"Die Pandemie ist noch nicht vorbei", sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag - und warnte vor Leichtsinn über die Pfingsttage. Die Menschen sollten die Feiertage genießen, aber dabei vorsichtig bleiben. Auch, wenn an den bevorstehenden Feiertagen vielerorts schon beispielsweise die Außengastronomie öffnet, sollten sich alle weiter an die AHA-Regeln halten.
Risiko: Variante B.1.617, die zuerst in Indien nachgewiesen wurde
Ein Grund zur Vorsicht ist auch die Variante B.1.617 des Coronavirus, die zuerst in Indien nachgewiesen wurde. Sie breitet sich derzeit vor allem in Großbritannien aus, aber auch in Deutschland und NRW gibt es bereits Fälle. Sie gelte als deutlich ansteckender selbst als die britische Variante, sagte RKI-Chef Lothar Wieler am Freitag. Auch gehe man davon aus, dass die bisherigen Impfstoffe geringere Wirkung gegen B.1.617 haben - allerdings "in überschaubarem Maße", so Wieler.
Auch er betonte: Die Maskenpflicht gehöre weiterhin zum "Basisschutz".
Lieber noch warten mit der Hotelöffnung
Vorsichtig zeigen sich auch viele Gastronomen und Hoteliers in NRW: "Es ist für uns total aufregend", sagt Manuela Baier, Inhaberin des Hotels Kallbach in Hürtgenwald, "das ist kein normaler Neuanfang". Die Kühlräume mussten komplett neu aufgefüllt werden - acht Monate lang war das Hotel geschlossen. Selbst Gewürze habe man wegwerfen müssen. Allerdings: Obwohl sie jetzt schon öffnen könnte, will die Hotelbesitzerin noch warten: "Wir wollen ganz sicher sein und erst bei einer Inzidenz unter 50 wieder loslegen."
In Moers sitzen am Freitag Menschen auf einer Wiese im Kreis um eine überdachte kleine Bühne, auf der Musiker schräge Musik aus ihren Instrumenten holen. Das legendäre Jazzfestival hat begonnen. Dass in Moers jetzt das erste Kulturfest wieder mit Publikum stattfinden kann, sei "ein großartiges Gefühl", sagt Festivalleiter Tim Isfort. Vier Konzertabende mit Künstlern aus mehr als 20 Ländern sind in den nächsten Tagen geplant.
Münster erwartet viele Gäste
Auch auf der Weinterrasse im Hotel International am Theater in Münster wird gewienert und geräumt für die Gäste, die hier am Wochenende erwartet werden. An der Rezeption klingelt das Telefon - seit Monaten endlich wieder. Münster-Touristen möchten Zimmer buchen. Immer wieder erklärt Inhaberin Kirsten Kammerahl die Bedingung: ein negativer Test, AHA-Regeln im ganzen Haus.
Dass das möglich ist, liegt an der besonders niedrigen Inzidenz in Münster. Am Freitag lag der Wert gerade mal bei 17,8. Auch Campingplätze sind hier jetzt wieder geöffnet. "Ich gehe davon aus, dass wir es jetzt überstanden haben", sagt Kirsten Kammerahl optimistisch, "wir erwarten unsere Gäste voller Ungeduld".
Merkel: "Wir müssen aufpassen"
Doch nicht alle, die an diesem Freitag in der Münsteraner Innenstadt unterwegs sind, halten die Öffnungen für richtig. "Die Inzidenzwerte müssen erst noch deutlich runter gehen", sagt ein junger Mann. Ihm sei das alles jetzt zu früh.
Mahnend sprach am Freitag auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beim WHO-Gesundheitsgipfel. "Wir müssen aufpassen, können uns aber Öffnungschritte leisten. Aber alles unter gebotener Aufmerksamkeit und Sorgfalt, damit wir nicht wieder schließen müssen."