Mann spielt an einem Spielautomaten

Manipulierte Automaten: Spielhallenbetreiber in Bochum vor Gericht

Stand: 09.10.2024, 13:11 Uhr

Vier Spielhallenbetreiber stehen vor dem Bochumer Landgericht. Es geht um Steuerbetrug in Höhe von mehr als 40 Millionen Euro.

Steuerbetrug durch die Manipulation von Spielautomaten - und das über Jahre. Das Landgericht Bochum verhandelt seit Mittwochvormittag einen besonders drastischen Fall, der lange unentdeckt blieb.

Nur Hälfte der erzielten Umsätze ausgewiesen

Die Spielhallenbetreiber sollen in mehr als 30 Spielhallen vor allem im Ruhrgebiet die Software der Automaten verändert haben. Und das mehr als zehn Jahre lang. Erst als 2020 ein Insider bei der Polizei auspackte, kam das System zum Vorschein.

Und so könnte das System ausgesehen haben: Die manipulierte Software weist nur die Hälfte der tatsächlich erzielten Umsätze aus. Der Rest fließt schwarz in die Taschen der Betreiber.

Trotz des hohen Steuerschadens von mehr als 40 Millionen Euro sind die vier Angeklagten auf freiem Fuß.

Zeuge wollte Millionen am System verdienen

Chanan Goslan ist der Insider, der bei der Polizei ausgepackt hatte. Er wird als Zeuge vor dem Bochumer Landgericht aussagen. Als Investor stieg Goslan vor Jahren in zehn Spielhallen in Berlin und NRW ein. Er wollte an dem Betrugssystem mitverdienen.

Für eine Investition von 1,9 Millionen Euro habe man ihm eine Garantiezahlung von 50.000 Euro monatlich in Aussicht gestellt, sagt Goslan im Interview mit dem Rechercheverbund von WDR, NDR und der Süddeutschen Zeitung: "Das ist eine schöne Rendite. Und da dachte ich, okay, warum nicht?"

Mit Aufnahmegeräten und Detektiven aufgedeckt

Weil diese Zahlungen jedoch nicht wie vereinbart flossen, wandte er sich gegen die Spielhallenbetreiber, versuchte den Betrug aufzudecken. Teilweise habe er bei verschiedenen Treffen mit Aufnahmegeräten die Gespräche mitgeschnitten und so Beweismaterial gesammelt.

"Ich hatte sogar eine Privatdetektei engagiert, die in der Nähe gefilmt und fotografiert hat", so Chanan Goslan weiter. Für die Ermittler sind solche Informationen ein Glücksfall. Gleichzeitig ist so ein Ermittlungserfolg eher eine Seltenheit.

Behörden tun sich schwer mit Ermittlungen

Denn wie die Recherchen von WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung zeigen, ist trotz technischer Nachrüstungen die Manipulation von Geldautomaten weiter möglich. Die Automaten bleiben so weiterhin eine wichtige Einnahmequelle der organisierten Kriminalität.

Glücksspiel-Betrug

Westpol 06.10.2024 05:30 Min. UT DGS Verfügbar bis 06.10.2029 WDR

"Es ist schwierig, im Dunstkreis der organisierten Kriminalität, solche Dinge auffliegen zu lassen und dagegen vorzugehen", sagt der Glücksspielforscher Tobias Hayer mit Blick darauf, dass die Kontrollen der Spielhallen weiterhin bei Mitarbeitern des Ordnungsamts liegen.

"Würde ich beim Ordnungsamt arbeiten", so Hayer weiter, "hätte ich schlichtweg eines, wenn das meine Aufgabe wäre: Angst." Hinzu kommt, dass auch die Polizei für die Ermittlungen in diesem Metier nicht ausreichend geschult sind, wie ein interner Bericht des Landeskriminalamts zeigt.

Drohungen gegen Zeugen

Immerhin kommt nun ein massiver Betrugsfall vor Gericht, bei dem Zeuge Chanan Goslan eine wichtige Rolle spielt. Für ihn sei das ganze auch mit einem großen Risiko verbunden, sagt er.

Mehrfach sei er schon bedroht worden. Er befürchtet Rache durch seine ehemaligen Partner: "Es wird etwas folgen. Das ist so sicher, wie das Amen in der Kirche."

Unsere Quellen:

  • Landgericht Bochum
  • Polizei
  • Bund Deutscher Kriminalbeamter
  • Glücksspielforscher Tobias Hayer
  • Zeugengespräche

Über diesesThema haben wir am 6. Oktober im WDR Fernsehen in der Sendung "Westpol" und im Radio in der Lokalzeit bei WDR 2 berichtet.