Dortmunder Muslima klagt gegen Kopftuchverbot als Schöffin vor Gericht
Stand: 09.07.2024, 10:30 Uhr
Eine Muslima aus Dortmund trägt Kopftuch und darf deshalb nicht als Schöffin auftreten. Das will sie nun vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen.
Von Philip Raillon
Eine Dortmunderin wurde vergangenes Jahr als Schöffin für Jugendstrafverfahren gewählt. Sie sollte, wie alle Schöffen, gemeinsam mit Berufsrichtern über Angeklagte urteilen. Der Haken: Sie ist gläubige Muslima und trägt ein Kopftuch. Weil sie ihr Kopftuch auch bei Gericht nicht ablegen will, darf sie nun nicht als Schöffin auftreten.
Dortmunderin von Schöffen-Liste gestrichen
Das zuständige Amtsgericht Dortmund hielt dies zunächst für einen Verstoß gegen die Pflichten einer Schöffin und wollte sie vom Oberlandesgericht Hamm aus dem Amt werfen lassen. Die Hammer Richter widersprachen aber und hielten die Frau stattdessen für schlicht ungeeignet. Das Ergebnis ist das Gleiche: Die Dortmunderin wurde von der Schöffen-Liste gestrichen, sie darf nicht als Schöffin auftreten.
Dahinter steckt das nordrhein-westfälische Justizneutralitätsgesetz. Danach dürfen neben Richtern und Staatsanwälten auch Schöffen keine religiösen Symbole oder Kleidungsstücke tragen. Das gilt sowohl für Kreuze als auch für Symbole anderer Religionen – und nach Auffassung der Gerichte im konkreten Fall aus Dortmund auch für das Kopftuch.
Mit dem Verbot will der Landesgesetzgeber seit 2021 sicherstellen, dass die Justiz neutral auftritt. Wenn Angeklagte vor Gericht stehen, sollen sie nicht das Gefühl bekommen, die Richter seien voreingenommen, etwa indem sie ihre private religiöse Auffassung nach außen zeigen.
Verfassungsbeschwerde von NGO unterstützt
Dieses Verbot für Schöffen sei verfassungswidrig, meint hingegen die Dortmunder Ex-Schöffin. Sie hat daher vor kurzem Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Dabei wird sie von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt. Die GFF setzt sich für die Durchsetzung der Grundrechte ein und unterstützt regelmäßig entsprechende Verfassungsbeschwerden.
"Das Schöffennamt baut auf demokratische Vielfalt", sagt Professorin Anna Katharina Mangold, die die Dortmunderin vor dem Verfassungsgericht vertritt. Schöffen seien gerade dazu da, die Gesellschaft in der Justiz zu vertreten. Frauen mit Kopftuch von dem Ehrenamt auszuschließen, widerspreche diesem Grundsatz. Außerdem verletze es die Religionsfreiheit der Klägerin.
Das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht wird voraussichtlich einige Monate oder Jahre dauern.
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