Nahverkehr Westfalen-Lippe will Eurobahn übernehmen

Lokalzeit aus Dortmund 30.01.2025 03:16 Min. Verfügbar bis 30.01.2027 WDR Von Kay Bandermann

NWL übernimmt Eurobahn für einen Euro

Stand: 30.01.2025, 19:17 Uhr

Die Verbandsversammlung des Zweckverbandes Nahverkehr Westfalen-Lippe hat entschieden, dass der NWL die Eurobahn für die symbolische Summe von einem Euro übernimmt. So sollen der Nahverkehr in Westfalen und das Unternehmen gesichert werden.

Von Lars Faulenbach

Zuvor hatten bereits die 16 Kreistage bzw. drei Stadträte der am NWL beteiligten Landkreise und kreisfreien Städte der Übernahme zugestimmt. NWL-Geschäftsführer Joachim Künzel hofft, dass der Betrieb der Eurobahn so stabilisiert werden kann: "Wir geben der Eurobahn und ihren Mitarbeitenden jetzt eine Perspektive und sorgen für unsere Fahrgäste in Westfalen-Lippe für verlässliche Bahn-Verkehre", sagte er nach der Verbandsversammlung.

Zustimmung der Bezirksregierung Arnsberg steht noch aus

Jetzt muss noch die Bezirksregierung Arnsberg die Übernahme genehmigen. Dann können die Gesellschafterverträge unterzeichnet werden. Der NWL könnte die Eurobahn dann ab April als 100-prozentige Tochter übernehmen. Die würde weiter das operative Geschäft, also den Bahnbetrieb durchführen. Der NWL würde den Betrieb kontrollieren und hätte gleichzeitig die Chance die defizitären Verträge anzupassen.

Ein stabiles, zuverlässiges Angebot soll her

"Mit dem positiven Beschluss in der heutigen Verbandsversammlung senden wir ein starkes Signal an die Öffentlichkeit", sagte Matthias Goeken, Mitglied des NRW-Landtages und Vorsitzender der Verbandsversammlung des NWL. "Die Interimsübernahme der Eurobahn durch den NWL ist die bestmögliche Handlungsoption, um die finanziellen Risiken für alle Beteiligten zu minimieren. Wir schaffen damit die Voraussetzung für ein stabiles Angebot. Wir brauchen wieder Zuverlässigkeit, um das Vertrauen der Menschen in den Nahverkehr zu stärken." Denn die Zuverlässigkeit hatte zuletzt stark gelitten und das ausgerechnet beim größten Anbieter im Verbandsgebiet.

Wenn irgendwo in Westfalen ein Nahverkehrszug hält, dann ist die Chance groß, dass es sich um einen Zug der Eurobahn handelt. Das private Bahnunternehmen betreibt rund ein Drittel der Strecken in Westfalen. Die Züge mit dem blauen Logo rollen vor allem durch Ostwestfalen-Lippe und das Münsterland, fahren aber auch durch das Ruhrgebiet, bis ins Rheinland, nach Niedersachsen und in die Niederlande.

NWL übernimmt Eurobahn für einen Euro

WDR Studios NRW 31.01.2025 00:42 Min. Verfügbar bis 31.01.2027 WDR Online


Zugausfälle häuften sich

Zuletzt taten sie das allerdings immer häufiger nicht mehr. Vor allem aufgrund von Personalproblemen fallen immer wieder Fahrten aus. Zum Leidwesen der Eurobahnkunden, wie Markus Rieger: "Das merke ich jedes Mal, wenn ich aus Ostwestfalen ins Ruhrgebiet fahre und mit der Eurobahn fahren muss, dass leider die Verlässlichkeit nicht gegeben ist, da häufig Züge ausfallen."

Zug auf einer Bahnstrecke

Immer wieder gab es zuletzt Einschränkungen bei der eurobahn

Das Problem der fehlenden Lokführer kennen alle Unternehmen, die im Schienenpersonennahverkehr aktiv sind. Bei der Eurobahn ist es aber noch ausgeprägter als bei anderen Bahnunternehmen. Hintergrund sind die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in denen die Eurobahn seit einigen Jahren steckt.

Eurobahn hat seit 2022 keinen Eigentümer mehr

Die finanzielle Schieflage der Eurobahn resultiert aus steigenden Energiekosten und dem anhaltenden Fachkräftemangel, insbesondere bei Triebfahrzeugführern. Das führt zu Zugausfällen, die Fahrpläne mussten mehrfach reduziert werden, das wiederum hat Vertragsstrafen zur Folge. Wegen dieser Kostenspirale hat sich Ende 2021 die französische Muttergesellschaft Keolis zurückgezogen, bislang wurde kein neuer Investor gefunden.

Wegen dieser Unsicherheiten ist die Eurobahn als Arbeitgeber aktuell wenig attraktiv, verliert eher Personal, als welches zu gewinnen, weiß Betriebsrat Udo Zambo: "Der ein oder andere sieht sich um, ich habe gestern mit einem Kollegen gesprochen, der verlässt uns im Mai. Man versucht neuen Nachwuchs zu bekommen, aber leider ist die Erfolgsquote nicht so hoch, wie man sich das wünscht."

NWL will Eurobahn wieder attraktiver machen

Zwei Männer auf dem Bahnsteig neben der Eurobahn

Warten auf die Eurobahn - manchmal auch länger

Hier setzt die Idee der jetzt erfolgten Übernahme der Eurobahn durch den NWL an. Die Hoffnung ist, das Unternehmen durch die temporäre Übernahme der Eurobahn-Anteile in ruhigere Fahrwasser zu lenken und als Arbeitgeber wieder attraktiver zu machen. Außerdem will der NWL bis 2027 endlich einen Investor finden, der die Eurobahn übernimmt.

Städte und Kreise fühlen sich erpresst

Die Städte und Kreise im Verbandsgebiet des NWL tragen die Entscheidung mit, allerdings nur mit Bauchschmerzen. Mario Löhr, der Landrat des Kreises Unna geht diesen Weg nur mit großen Bauchschmerzen, weil er 2027 einen Millionenverlust befürchtet. Die Entscheidung sei dennoch alternativlos: "Die Abwägung war, jetzt eine Entscheidung pro Eurobahn zu treffen, dass nicht die Kunden die Benachteiligten sind und dass die Bahn weiter läuft."

Hilfe für die klammen Städte und Kreise erwartet Löhr jetzt vom Bund und vor allem vom Land NRW: "Man hätte hier vom Land eine Patronatserklärung haben müssen, die für dieses Risiko dann auch eintritt. Weil das Land die Haushaltssituation der Kommunen und Kreise kennt." Bislang gibt es aber keine Signale vom Land, dass es dazu bereit ist.

Quellen:

  • Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe
  • Verbandsversammlung des NWL
  • Interview Mario Löhr
  • Fahrgastverband ProBahn
  • Reporter