Rezession statt Wachstum: Darum halten die Leute ihr Geld zusammen Aktuelle Stunde 06.10.2024 40:03 Min. UT Verfügbar bis 06.10.2026 WDR Von Astrid Houben

Bundesregierung: Wirtschaftsministerium rechnet mit Rezession

Stand: 06.10.2024, 21:30 Uhr

Die Bundesregierung rechnet einem Medienbericht zufolge auch für dieses Jahr mit einem Schrumpfen der deutschen Wirtschaft. Die Konjunkturprognose werde deutlich nach unten korrigiert.

Ursprünglich hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für 2024 mit einem leichten Plus des Bruttoinlandsprodukts von 0,3 Prozent gerechnet - nun werde ein Minus von 0,2 Prozent erwartet. Habeck will die neue Prognose am Mittwoch in Berlin vorstellen. Zuerst hatte die "" berichtet.

Der Schritt kommt nicht überraschend, denn zuletzt hatten auch die großen Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Erwartungen nach unten korrigiert. Sie rechnen für dieses Jahr mit einem Minus von 0,1 Prozent. Grund ist vor allem Unsicherheit bei Unternehmen und Bürgern. Das nach wie vor hohe Zinsniveau bremst Investitionen und Firmen sind wegen der volatilen wirtschafts- und geopolitischen Lage vorsichtig.

Verbraucher schränken Konsum ein

Thomas Meister verzichtet erst mal auf größere Anschaffungen | Bildquelle: WDR

Auch private Haushalte legen ihr Einkommen vermehrt auf die hohe Kante, statt in Wohneigentum oder Konsum zu investieren. So geht es auch Thomas Meister. "Ich will meinen Führerschein machen und ein Auto kaufen", sagt er dem WDR am verkaufsoffenen Sonntag in Jülich. "Das wird aber erst mal alles zur Seite geschoben." Fast allen in seinem Umfeld gehe es ähnlich.

Experten hatten schon länger gewarnt

Christoph M. Schmidt, Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung | Bildquelle: dpa/Michael Kappeler

Diese verringerte Kauflaune hatten Ökonomen bereits vorausgesehen. "Allesamt haben wir vor den Folgen des demografischen Wandels gewarnt", sagte Christoph M. Schmidt, Wirtschaftsprofessor und Präsident vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung RWI, dem WDR. Experten hätten das niedrige Produktivitätswachstum in Deutschland schon seit langem kritisch begleitet. Das hätte die Politik als Weckruf sehen sollen, so Schmidt.

Wirtschaftslage soll sich 2025 bessern

Dennoch gehen sowohl Bundesregierung als auch Forschungsinstitute davon aus, dass sich die Lage im kommenden Jahr allmählich bessert. Die Wirtschaft soll dann wieder wachsen. Voraussetzung ist allerdings, dass die von der Ampel-Regierung geplante Wachstumsinitiative mit steuerlichen Verbesserungen, Arbeitsanreizen und einem Abbau von Bürokratie zündet. Bislang ist nur ein Bruchteil davon umgesetzt.

"Es besteht nach wie vor großer Handlungsbedarf. Ein erster notwendiger Schritt ist die Wachstumsinitiative dieser Bundesregierung", sagte Habeck der "". "Die deutsche Wirtschaft kann in den kommenden zwei Jahren signifikant stärker wachsen, wenn die Maßnahmen vollständig umgesetzt werden und ihre Wirkung entfalten können. Jetzt ist nicht die Zeit für Bedenken, jetzt ist die Zeit, schnell zu handeln." In der Regierung wird befürchtet, dass die Bundesländer die Maßnahmen ausbremsen könnten, da sie dadurch weniger Steuern einnehmen.

Große Baustellen für die Politik

Laut Christoph Schmidt gebe es drei große Baustellen, die man angehen müsse, um die deutsche Wirtschaft wieder anzukurbeln. Zum einen müsste die Attraktivität des Investitionsstandortes Deutschland verbessert werden:

"Dafür gibt es eine Menge von Stellschrauben: ein besseres Unternehmenssteuersystem, funktionierende Infrastruktur, ein schlanker Staat, der digitalisiert ist." Christoph M. Schmidt, Wirtschaftsprofessor

Darüber hinaus sollte man laut Schmidt endlich aufhören, über die Schuldenbremse zu diskutieren und sie als das sehen, was sie ist: "Eine Rahmenbedingung, innerhalb derer man gut wirtschaften kann." Schlussendlich müsse Deutschland in der öffentlichen Verwaltung flexibler und agiler werden. Dann könnte sich auch die Wirtschaftslage im kommenden Jahr wieder bessern.

Unsere Quellen:

  • Interview mit Christoph M. Schmidt - Präsident RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung
  • Straßeninterview in Jülich
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Süddeutsche Zeitung