400 Staatsanwältinnen und -anwälte fehlen in NRW. So hatte es im Mai der Bund der Richter und Staatsanwälte vorgerechnet und mehr Personal gefordert. "Ja, bei den Staatsanwaltschaften bräuchten wir mehr Stellen", bestätigt am Mittwoch NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) im Sommerinterview mit dem WDR-5-Landesmagazin Westblick. Trotz angespannter Haushaltslage habe man 2024 in den Staatsanwaltschaften weitere 40 Stellen geschaffen, die Hälfte davon direkt für Staatsanwältinnen und -anwälte.
Außerdem sei ein Ausgleich geschaffen worden, indem 100 Stellen der Gerichtsbarkeiten auf die Staatsanwaltschaften übertragen wurden. Das will Limbach aber nicht als Problemverschiebung verstanden wissen, sondern als ein flexibles System, "wie kommunizierende Röhren". Temporär würde Personal verlagert. "Die Gerichte sind im Moment von der Auslastung so, dass wir uns das leisten können."
Unbesetzte Stellen: "Fast der Idealzustand"
Zu den unbesetzten Stellen in der Justiz sagt der Grünen-Politiker, dass aktuell "bei den Richterinnen und Staatsanwälten zwei Prozent der Stellen nicht besetzt" seien. "In der freien Wirtschaft würde man das Vollauslastung nennen." Man müsse freie Stellen vorhalten, beispielsweise für Rückkehrende aus dem Erziehungsurlaub oder dem Mutterschutz. Darum seien zwei Prozent freie Stellen "fast der Idealzustand".
Einstellungshürden werden abgesenkt
Mittlerweile mache sich der demografische Wandel auch bei der Ausbildung bemerkbar. Lange Zeit habe man sich wegen der hohen Zahlen an Studierenden leisten können, die Einstellungsvoraussetzungen sehr hoch anzusetzen, erklärte Limbach.
Doch wegen sinkender Absolventenzahlen habe das Ministerium in Abstimmung mit den Personalvertretungen beschlossen, "für einen gewissen Zeitraum die Einstellungsvoraussetzungen zu ändern". Jemand, der gute Zusatzqualifikationen mitbringe, könne auch mit einer schlechteren Examensnote eingestellt werden.
Limbach setzt auf KI
Gegebenenfalls wird es perspektivisch für das Personal in der NRW-Justiz auch Entlastung durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) geben. Die Digitalisierung sei auf einem guten Weg, es werde zunehmend mit elektronischen Akten gearbeitet. In einem zweiten Schritt werde geprüft, ob KI Akten durchsuchen oder Gemeinsamkeiten in Massenverfahren finden kann.
Auch bei der Sichtung von Beweismaterial zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder könne KI Menschen entlasten, kündigt Limbach an. "Aber eins ist für mich entscheidend: Am Ende muss immer, wie das Gesetz es vorschreibt, ein Mensch entscheiden."
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Das Interview in voller Länge können Sie am Mittwoch im WDR-5-Landesmagazin Westblick ab 17.04 Uhr hören.