Allen Krisen zum Trotz: Die Umweltwirtschaft wächst deutlich in NRW - und beschäftigt heute bereits mehr Menschen als die Metallindustrie und der Maschinenbau zusammen. Das geht aus dem Umweltwirtschaftsbericht 2024 hervor, der am Donnerstag veröffentlicht wird. Demnach sind aktuell 600.000 Menschen in NRW in der Umweltwirtschaft tätig. Das sind 6,2 Prozent aller Erwerbstätigen in NRW.
Was ist die Umweltwirtschaft?
Die Umweltwirtschaft umfasst alle umweltfreundlichen und ressourcenschonenden Produkte und Dienstleistungen. Sie ist in der amtlichen Branchenklassifikation nicht extra aufgeführt, sondern vereint unterschiedliche Wirtschaftszweige und Geschäftsmodelle: von erneuerbaren Energien über Recycling bis hin zur umweltfreundlichen Mobilität. Hierzu zählen kleine Unternehmen wie das Kölner Start-up "GoFlux" mit seiner App für regionale Fahrgemeinschaften, aber auch Sparten großer Konzerne wie RWE oder Thyssenkrupp.
Seit zehn Jahren fasst der alle zwei Jahre erscheinende Umweltwirtschaftsbericht Daten zur Umweltwirtschaft zusammen. NRW war damals das erste Bundesland, das die Umweltwirtschaft als ökonomische Branche genauer in den Blick genommen hat. Der Rückblick auf die vergangenen zehn Jahre zeigt: Die Zahl der Erwerbstätigen ist in dieser Zeit in NRW um 100.000 Personen angestiegen. Das entspricht einem jährlichen Wachstum der Belegschaft von 1,4 Prozent.
NRW gilt bundesweit als einer der bedeutendsten Anbieter von Produkten und Dienstleistungen der Umweltwirtschaft, insbesondere in den Bereichen Energieeffizienz, Kreislaufwirtschaft und umweltfreundliche Mobilität.
Antworten auf den Klimawandel
Für NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) ist damit klar: "Die Umweltwirtschaft schafft Arbeitsplätze bei uns und treibt eine nachhaltige Entwicklung weltweit voran." NRW hätte diese Branche deshalb in den Fokus gerückt, weil sie Antworten auf den Klimawandel, den Biodiversitätsverlust und knappe Ressourcen gebe, so Krischer.
Unterschiede in den Regionen
In den verschiedenen Regionen NRWs haben sich mittlerweile ganz unterschiedliche Schwerpunkte entwickelt. Während ländliche Regionen wie das Münsterland vor allem auf nachhaltige Landwirtschaft setzen, steht im Rhein-Ruhr-Gebiet die umweltfreundliche Mobilität im Vordergrund.
In Herne setzt etwa das Familienunternehmen Stiebling auf Recycling von Lkw-Reifen, um Ressourcen zu schonen. Durch das Runderneuern der Reifen kann bis zur Hälfte der Energiekosten und 80 Prozent des Wasserbedarfs im Vergleich zur Neuproduktion eingespart werden.
Die Firma WILO aus Dortmund hat einen innovativen Recyclingprozess entwickelt, der es ermöglicht, pro Jahr über 30.000 Pumpenteile wiederzuverwenden. Pumpenteile, die nicht repariert werden können, landen in einem speziell entwickelten Kreislaufsystem, bei dem die Materialien recycelt und für neue Produkte verwendet werden.
Auch große Konzerne mit dabei
Und, das wohl bekannteste Beispiel in NRW: In Duisburg will Thyssenkrupp die Stahlproduktion klimafreundlicher gestalten. In einer der größten Stahlfabriken Deutschlands werden die traditionellen Hochöfen nach und nach durch neue Technologien ersetzt. Hier wird Wasserstoff anstelle von Kohle eingesetzt, um jährlich Millionen Tonnen CO2 einzusparen.
Auch der Energiekonzern RWE investiert in erneuerbare Energien. Bis 2030 will das Unternehmen laut Bericht etwa 55 Milliarden Euro in den Ausbau von Windkraft-, Solarenergie- und Wasserstoffprojekten stecken. Schon jetzt betreibt RWE mehrere Solarparks im Rheinischen Revier.
Doppelte Dividende - für Umwelt und Wirtschaft
Ein weiteres zentrales Ergebnis des Umweltwirtschaftsberichts ist die sogenannte "doppelte Dividende": Die Umweltwirtschaft erwirtschaftete demnach im letzten Jahr eine Bruttowertschöpfung von 52,8 Milliarden Euro. Zusätzlich werden Umweltschäden in Höhe von rund 28,9 Milliarden Euro vermieden. Das bedeutet: Die Umweltwirtschaft generiert nicht nur Geld und Jobs, sondern trägt gleichzeitig dazu bei, CO2-Emissionen zu senken.
NRW exportiert grüne Technologien
Auch international ist die Nachfrage nach umweltfreundlichen Technologien aus NRW hoch. 2023 exportierte die Umweltwirtschaft laut aktuellem Bericht Güter und Dienstleistungen im Wert von 14,5 Milliarden Euro, darunter Solar- und Windtechnologien sowie Produkte aus der Kreislaufwirtschaft. Dies macht aktuell etwa 6,5 Prozent der gesamten Exporte NRWs aus.
Zu den größten Abnehmern zählen die Nachbarländer Niederlande, Belgien und Frankreich. Aber auch der US-Markt wird laut Bericht für NRW-Unternehmen zunehmend interessant. Projekte und Technologien aus NRW, die Umweltbelastungen senken, seien weltweit gefragt, heißt es.
Jobs mit Zukunft
Das bietet auch Chancen für Beschäftigte hier vor Ort: Laut Bericht verzeichnet der Bereich Mobilität mit umweltfreundlichen Technologien wie E-Bikes, Elektroautos und Carsharing-Diensten besonders hohe Zuwächse. Zudem sollen Jobs in nachhaltiger Logistik, Fahrzeugtechnologien und der Weiterentwicklung öffentlicher Verkehrssysteme dabei helfen, NRW grüner zu machen.
Millionen Tonnen CO2-Einsparungen
Nicht nur die wirtschaftliche, auch die ökologische Bedeutung der Umweltwirtschaft ist groß: Laut aktuellem Bericht können durch umweltfreundliche Produkte und Leistungen aus NRW jährlich 63 Millionen Tonnen CO2-Emissionen eingespart werden. Die Ressourceneinsparungen etwa durch Recycling oder die Nutzung nachhaltiger Rohstoffe beläuft sich auf über 8,5 Millionen Tonnen.
Förderung und Preisgelder vom Land
Das Land unterstützt die Umweltwirtschaft mit verschiedenen Förderprogrammen. So richtet sich die Initiative "GreenEconomy.IN.NRW" gezielt an Forscherinnen und Forscher, das Programm "GrüneGründungen.NRW" speziell an Gründerinnen und Gründer.
Zudem lobt das NRW-Umweltministerium gemeinsam mit der NRW.Bank einen mit insgesamt 60.000 Euro dotierten Umweltwirtschaftspreis aus. Der erste Platz ging in diesem Jahr an die Firma ClayTec, die in Viersen Baustoffe wie Mörtel und Trockenbauplatten aus Lehm produziert.
Über dieses Thema berichten wir am 07.11.2024 auch in den WDR-Hörfunknachrichten.
Unsere Quellen:
- Umweltwirtschaftsbericht 2024
- Statement Umweltminister Oliver Krischer (Grüne)
- Umweltwirtschaftspreis