NRW beschließt Nachtragshaushalt von 897 Millionen Euro

Stand: 20.09.2022, 17:27 Uhr

Die NRW-Landesregierung hat sich auf einen Nachtragshaushalt geeinigt. Die Mehrausgaben sollen in Bildung, Klimaschutz und Katastrophenschutz fließen. Neue Schulden sind dabei nicht geplant.

Von Sabine Tenta

Ein Nachschlag von 897 Millionen Euro für den Landeshaushalt - das hat die Regierungskoalition aus CDU und Grünen auf ihrer Kabinettssitzung am Dienstag beschlossen. Die Steuereinnahmen 2022 sind für das Land nach Regierungsangaben so gut, dass dieser Nachschlag komplett ohne neue Schulden möglich ist. Investiert werden soll das Geld in Bildung, Klimaschutz, Sicherheit und Flüchtlingshilfe. Vorgestellt wurde der Nachtragshaushalt von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), der stellvertretenden Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne) und NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU).

Besoldung der Lehrkräfte: A13 für alle kommt in Stufen

Wenig überraschend ist, dass nun tatsächlich die Angleichung der Besoldung von Grundschul- und Gymnasiallehrkräften umgesetzt wird. Die Gehaltskategorie A13 für alle Lehrkräfte - diese Forderung sollte eigentlich schon in der letzten, schwarz-gelb regierten Legislaturperiode umgesetzt werden. Die neue Regierung aus CDU und Grünen hatte die Maßnahme dann für die ersten 100 Tage ihrer Amtszeit versprochen. In Stufen erfolgt nun eine Angleichung: Jeweils zum 1. August bekommen Lehrkräfte an Grundschulen jeweils 115 Euro mehr, bis dann 2026 eine komplette Angleichung vollzogen sein wird.

Geld für 1.000 zusätzliche Lehrerstellen für Kinder aus Ukraine

Die stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne) kündigte an, dass die Regierung Geld für die Einrichtung von 1.000 Lehrerstellen bereitstellen werde, "damit Kinder und Jugendliche aus der Ukraine besser beschult und ausgebildet werden können". Insgesamt würden für die Versorgung von ukrainischen Flüchtlingen mehr als 570 Millionen Euro bereitgestellt. Neubaur geht davon aus, dass im Winter weitere Flüchtlinge aus der Ukraine nach NRW kommen werden.

200 Millionen Euro für Klimaschutz

NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) | Bildquelle: WDR

Wirtschaftsministerin Neubaur kündigte zudem an, dass 200 Millionen Euro aus dem Nachtragshaushalt für Klimainvestitionen vorgesehen sind. Konkret soll das Geld über die Landesgesellschaft "Energy4Climate" Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, die sich beispielsweise unabhängiger von fossiler Energie machen wollen.

Neue Landesstelle für Katastrophenschutz

Zur Stärkung des Hochwasser- und Katastrophenschutzes solle eine neue Zentrale Landesstelle eingerichtet werden. Dafür sind rund 250 neue Stellen vorgesehen. Die Einheit Cyber-Sicherheit im Innenministerium soll ebenfalls mehr Stellen erhalten, das sei nötig auch mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, betonte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU).

Schuldenbremse aussetzen - oder aussetzen lassen?

Am Sonntag hatte Wirtschaftsministerin Mona Neubaur sich im WDR noch für eine Aussetzung der deutschen Schuldenbremse ausgesprochen. Die CDU ist aber klar Unterstützerin der Schuldenbremse. Zwei Tage später relativierte Neubaur die Aussage: Das werde in Berlin entschieden, betonte die Ministerin nun, die Feststellung einer "Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" - das ist die rechtliche Voraussetzung für das Aussetzen der Schuldenbremse - könne nur durch die Bundesregierung erfolgen. Dem stimmte Ministerpräsident Hendrik Wüst knapp und vollumfänglich zu. Damit war der Koalitionsfrieden in NRW gerettet.

Steuereinnahmen 2022 mit sattem Plus

NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) | Bildquelle: Marcus Optendrenk/CDU

Dass Mehrausgaben von 897 Millionen Euro ohne neue Schulden möglich sind, liegt an den guten Steuereinnahmen des Landes. Im August hatte NRW-Finanzminister Optendrenk für die ersten sieben Monate des laufenden Jahres Steuermehreinnahmen von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr vermelden können. Nach Angaben von Optendrenk lagen die Einnahmen mit 43,29 Milliarden Euro fast 21 Prozent über denen des entsprechenden Vorjahreszeitraums. Nach dem Ende der meisten Corona-Schutzmaßnahmen hatten viele Branchen mit ihrem Aufschwung Geld in die Landeskasse gespült. Die weiteren Steuereinnahmen hätten sich zwar nicht mehr so positiv entwickelt wie im ersten Halbjahr, sagte Optendrenk. Aber es habe gereicht, um keine neuen Schulden aufzunehmen.

SPD fordert beitragsfreie Kita

Thomas Kutschaty, SPD-NRW-Chef | Bildquelle: dpa / Thomas Banneyer

Bereits am Vormittag hatte der SPD-Landesvorsitzende und NRW-Oppositionsführer Thomas Kutschaty von der Landesregierung Entlastungen insbesondere für Familien gefordert. Konkret schlug Kutschaty vor, den Besuch von Kitas komplett beitragsfrei zu stellen und eine warme Mahlzeit am Tag für Kinder in der Betreuung zu finanzieren. Die Schuldenbremse müsse nun ausgesetzt werden, um weitere Kredite aufnehmen zu können. Nach der Vorstellung des Nachtragshaushalts bemängelte Kutschaty, dass kein landeseigenes Entlastungsprogramm vorgesehen ist.

In ihrem Koalitionsvertrag hat sich die Landesregierung vorgenommen, ein weiteres Kita-Jahr beitragsfrei zu stellen. Ob dies bereits im nächsten Haushaltsjahr 2023 umgesetzt wird, ist zurzeit noch offen, erklärte Finanzminister Optendrenk.

FDP: "Wüst plant an Krise vorbei"

Der FDP-Landtagsfraktionsvorsitzende Henning Höne mahnte an, viele Unternehmen des Mittelstands bräuchten "jetzt kurzfristig eine Perspektive, um über den Winter zu kommen". Anstatt zielgerichtet zu unterstützen, setze die schwarz-grüne Landesregierung auf eine "klimaneutrale Wirtschaftstransformation, die ihre Wirkung erst spät entfalten wird". Ministerpräsident Wüst plane "an der Krise vorbei".