Mutmaßlicher Brandstifter von Krefeld - viele offene Fragen

Stand: 15.10.2024, 16:10 Uhr

Der mutmaßliche Brandstifter von Krefeld war den Behörden bekannt - und sogar Prüffall im polizeilichen Konzept "Periskop". Geholfen hat das offensichtlich nicht.

Von Rainer Striewski

Nach den versuchten Brandstiftungen von Krefeld sind weiterhin viele Fragen offen. Die Polizei hatte letzte Woche den verdächtigen Iraner in einem Kino mit mindestens einem Schuss niedergestreckt. Der 38-Jährige soll dort Benzin vergossen und versucht haben, es anzuzünden. Mittlerweile wurde Haftbefehl wegen des dringenden Tatverdachts der versuchten schweren Brandstiftung erlassen. Der Mann soll laut Staatsanwaltschaft und Polizei bereits ein langes Strafregister angehäuft haben.

Opposition im Landtag hat viele Fragen

Christina Kampmann (SPD) hat viele Fragen an Reul | Bildquelle: WDR

Der Fall offenbare "gravierende Versäumnisse bei der Abschiebung krimineller Asylmigranten", kritisierte nun Marc Lürbke, innenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Düsseldorfer Landtag. In einer sogenannten "Kleinen Anfrage" möchte er von der Landesregierung erfahren, warum der Iraner trotz bestehender Ausreisepflicht nicht abgeschoben wurde. Weiter fragt er die Landesregierung konkret: "Welche Informationen liegen darüber vor, in welcher Form er psychologisch oder medizinisch betreut wurde, um seiner mutmaßlichen psychischen Erkrankung Rechnung zu tragen?"

Und auch die SPD erwartet von Innenminister Herbert Reul (CDU) Antworten: "Warum wurde nicht mehr veranlasst, um solche Taten zu verhindern?" möchte etwa Christina Kampmann, innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, von Reul wissen.

Verdächtiger war Prüffall bei "Periskop"

Dass der Verdächtige und seine mutmaßliche Erkrankung der Landesregierung bekannt war, ist unstrittig. "Die Person ist Prüffall im nordrhein-westfälischen Handlungs- und Prüffallkonzept für Personen mit Risikopotential", erklärte eine Sprecherin des Innenministeriums am Montag. Die Polizei nennt das Konzept "PeRiskoP" (Person mit Risikopotential).

Mit diesem Konzept sollen eigentlich schwere, zielgerichtete Gewalttaten verhindert werden. "Hierzu sollen Personen mit Risikopotenzial möglichst frühzeitig erkannt und entsprechende interdisziplinäre Maßnahmen initiiert werden", teilte die Sprecherin des Innenministeriums das Vorgehen mit. Warum das im Fall des Iraners nicht funktioniert hat, will das Ministerium nicht weiter erläutern: "Mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte der Person wird von näheren Auskünften hierzu abgesehen."

Verdächtige war erst ein paar Tage im Programm

Offenbar kam der Hinweis, den Krefelder Verdächtigen in das Konzept aufzunehmen, von der Ausländerbehörde in Krefeld. Vor der Tat war er erst "ein paar Tage im Programm", erfuhr der WDR aus dem Innenministerium. Hinweise, dass er die Tat schon Tage vorher geplant haben könnte, gab es dabei offenbar nicht.

"Periskop" seit 2022 landesweit im Einsatz

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) | Bildquelle: ddp / Flashpic

Das Konzept "Periskop" wurde Anfang 2021 von Innenminister Herbert Reul ins Leben gerufen. Anlass waren die Amokfahrten von Münster, Volkmarsen und Trier. Nach einer Probephase in Münster, Bielefeld und Kleve wurde das Konzept im Mai 2022 dann auf ganz NRW ausgeweitet. "Wir hoffen, dank PeRiskoP bereits im Verdachtsfall eingreifen und so das Risiko schwerer Gewalttaten minimieren zu können", betonte Reul damals.

Bis März 2024 wurden nach Angaben eines Sprechers des Innenministeriums 5.282 Prüffälle erfassst und bearbeitet. Bei der Risikobewertung geht die Polizei nach früheren Angaben des Ministeriums anhand eines Kriterienkatalogs vor. Verhalte sich eine Person etwa gewaltbereit oder waffenaffin in Verbindung mit psychisch auffälligem Verhalten, könne "Periskop" eingesetzt werden.

Reul: "Keine Stigmatisierung"

Die Polizei arbeitet dabei mit weiteren Behörden wie etwa Schulen, Gesundheitsämtern oder psychiatrischen Einrichtungen zusammen. "In der Regel machen Amokläufer bereits vor der Tat Andeutungen - manchmal mündlich, manchmal schriftlich", betonte Reul beim landesweiten Start 2022.

Bei der Risikobewertung werden nach Angaben des Innenministers auch "stabilisierende Aspekte" berücksichtigt. Man nehme nicht einfach Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Auffälligkeiten ins Visier. "Eine Stigmatisierung wollen wir so ausschließen", so Reul.

Über das Thema berichten wir am Dienstag unter anderem in der Sendung Westblick auf WDR 5.

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