Krankenhausreform in NRW: Angehende Fachärzte stehen vor Problemen

Stand: 07.03.2025, 12:25 Uhr

Ab April beginnt in NRW der Umbau der Kliniklandschaft. Die Patientenversorgung soll besser werden und dafür schließen Abteilungen in Krankhäusern. Viele Assistenzärzte zahlen dafür einen hohen Preis.

Von Martina Koch und Janine Arendt

Carola Albert | Bildquelle: Martina Koch

Einen Tag nach Weihnachten erhielt Carola Albert ihre Kündigung. Sie war gerade in der Facharztausbildung zur Urologin am St. Hildegardis Krankenhaus in Köln. "Ich war schon überrascht und habe auch so nicht damit gerechnet“, erzählt sie. Seit dem Jahreswechsel ist sie raus, wird aber noch drei Monate lang bezahlt. Jetzt muss die 37-Jährige eine Klinik finden, in der sie ihre Ausbildung beenden kann. Als Mutter von zwei Kindern sei sie aber bei der Standortsuche nicht sonderlich flexibel, berichtet sie dem WDR. Aktuell schreibt sie Bewerbungen und hofft, dass sie bald wieder als Ärztin arbeiten und ihre Ausbildung abschließen kann.

Opfer der Krankenhaus-Reform

St. Hildegardis Krankenhaus | Bildquelle: Martina Koch

Das St. Hildegardis hat seine Abteilung zum Jahreswechsel geschlossen, "da die Krankenhausplanung NRW für den Betrieb der Urologischen Klinik in unserem Haus keinen Bedarf mehr sieht“, schreibt die Geschäftsführung dem WDR auf Anfrage dazu. Für Patienten habe man eine unkomplizierte Weiterbehandlung an anderen Kliniken unterstützt, heißt es weiter. Warum der Träger dem Personal keine Angebote gemacht hat, schreibt die Geschäftsführung nicht.

Chirurgische Ausbildungen stark betroffen

Das St. Hildegardis Krankenhaus mit seiner ehemaligen Ärztin Carola Albert ist kein Einzelfall. Besonders große Einschnitte gebe es im Bereich der Orthopädie und Unfallchirugie, so der Marburger Bund, die Gewerkschaft der Klinikärzte. Viele Häuser dürften künftig keine künstlichen Hüft- oder Kniegelenke mehr einsetzen. An diesen Häusern ist unklar, wie nach der Übergangsfrist ab kommendem Jahr angehende Fachärzte weiter ausgebildet werden können.

Doch es fehle eine klare Vorgabe vom Land, dass die Kliniken, die diese Operationen weiter machen dürfen, die Assistenzärzte aus anderen Kliniken aufnehmen müssen, damit sie diese Eingriffe lernen und Facharzt werden können, kritisiert der Landesvorsitzende des Marburger Bundes Johannes Albert Gehle.

Forderung nach gesetzlicher Regelung

Johannes Albert Gehle, Vorsitzender des Marburger Bundes | Bildquelle: WDR

Bei der Gewerkschaft fragen aktuell immer mehr Assistenzärzte nach, was passieren wird, wenn ein Krankenhaus bestimmte medizinische Behandlungen nicht mehr machen darf. Derzeit gebe es monatlich 50 Rechtsberatungen und 100 neue Anfragen, so Johannes Albert Gehle. Der Marburger Bund und die Ärztekammern fordern eine klare Rechtsverordnung, damit die Facharztausbildung ohne Wartezeiten sichergestellt wird. "Weil wir die Ärztinnen und Ärzte brauchen“, so Gehle weiter.

Ende 2023 waren mehr als 16.000 Assistenzärztinnen und Assistenzärzte in der ersten Weiterbildung, wie die Facharztausbildung offiziell heißt. Wie viele ihren Ausbildungsplatz verloren haben oder wechseln müssen, ist unklar.

Gesundheitsministerium sieht keinen Handlungsbedarf

Das NRW-Gesundheitsministerium glaubt nicht, dass die Krankenhausreform den Ärztemangel im Land verschärfen werde. Und spielt den Ball zurück: Die erforderlichen Umstrukturierungen in der Krankenhauslandschaft seien seit Jahren öffentlich bekannt gewesen. Und auch die Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung hätten sich auf die Veränderungen einstellen können, teilt das Ministerium dem WDR schriftlich mit.

Zunächst seien deshalb die Kliniken in der Pflicht. Noch gebe es keine belastbaren Erkenntnisse, ob ein gesetzgeberisches Tätigwerden erforderlich wird. Die SPD-Landtagsfraktion hat dazu einen Bericht für die Sitzungen des Gesundheitsausschusses am 12. März 2025 beantragt.

Reform als Chance nutzen

Pascal Scherwitz, Chefarzt der Chirurgie im Marienhospital Brühl | Bildquelle: WDR

Auch die Chirurgie des Marienhospital in Brühl darf ab April zahlreiche Operationen nicht mehr machen. Trotzdem ist Chefarzt Pascal Scherwitz inzwischen aus der Schockstarre heraus, wie er im WDR-Interview erzählt. Sein Träger ist der GFO-Verbund mit 18 Standorten. Er sieht in der Reform Chancen. Innerhalb des Verbundes werde man Wechsel für die Ärzte in der Facharztausbildung organisieren, aber auch mit anderen Kliniken. 

Aus den Konkurrenten müssten jetzt Partner werden, so Scherwitz. Als Vorgesetzter müsse man sich für die jungen Menschen einsetzen. "Wenn wir das nicht machen, dann werden wir die deutsche Ärzteschaft nicht entsprechend ausbilden können“, so der Chefarzt. Ein Aufwand, den offenbar nicht alle Träger leisten können oder wollen.

Über das Thema berichten wir auch im WDR-Fernsehen: In der Sendung Westpol am 9.3.2025, ab 19:30 Uhr.