Noch immer kein Vergabemanagement: Führte das zum neuen BLB-Skandal?
Stand: 24.01.2025, 10:58 Uhr
Sieben Beschuldigte sollen Einfluss auf Vergaben genommen haben. Der Schaden durch die mutmaßliche Korruption geht in die Millionen.
Von Daniela Becker
Die Vergabe von Bauaufträgen sollte längst transparent über ein digitales Vergabemanagement geregelt sein. Seit sechs Jahren zieht sich die Einführung beim Bau-und Liegenschaftsbetrieb hin. Das belegt ein Bericht des Landesrechnungshofes. Nächste Woche berät der Landtag darüber.
“Wir geben dem Land NRW seinen Raum“ – so wirbt der Bau- und Liegenschaftsbetrieb im Internet für sich. Ein landeseigener Immobilienriese mit mehr als 3.000 Mitarbeitern. Im Innern aber wird dieser – einmal mehr – von einem Korruptionsskandal erschüttert.
Sieben Beschuldigte – darunter vier BLB-Mitarbeiter - sollen Einfluss auf Vergabeverfahren genommen und mit Bietern Absprachen über bestimmte Beleuchtungsmittel getroffen haben. Dazu gab es in der vergangenen Woche eine Razzia. Der Schaden für die Steuerzahler geht in die Millionen.
Sind die Lampen nur die Spitze des Eisbergs?
Denn es besteht der Verdacht, dass Projektverantwortliche beim BLB schon 2018 gezielt gegen vergaberechtliche Vorschriften verstoßen haben. Ein bestimmtes Architekturbüro sollte den Auftrag für die Sanierung der Staatskanzlei am Düsseldorfer Horionplatz bekommen, was auch gelang. Seitdem stiegen die Baukosten immer weiter an. Doch wie konnte es überhaupt dazu kommen?
Statt Transparenz verschleppte Digitalisierung
Im März 2018 beschloss die damalige schwarz-gelbe Landesregierung, dass alle Vergabestellen ein digitales Vergabemanagementsystem nutzen sollen. Es diene laut Landesrechnungshof NRW dazu, Vergabeverfahren "revisionssicher“ zu dokumentieren. Ursprünglich sollte die Umstellung bis Sommer 2022 erfolgen – doch auch sechs Jahre später ist sie es nicht.
Und weiter: Im BLB wurden jahrelang parallel zwei Systeme genutzt, was dazu führte, dass wichtige Unterlagen "in keinem der beiden Systeme“ abgelegt wurden oder "keine vollständige Vergabedokumentation vorhanden war“. So steht es im Jahresbericht 2024 der NRW-Rechnungsprüfer, der in der nächsten Woche im Ausschuss für Haushaltskontrolle des Landtags beraten wird.
Korruption leicht gemacht? Kritik vom Bund der Steuerzahler und Transparency International
Es liegen "schwerstwiegende Defizite“ vor, sagt Julian Brummer. Er leitet die Arbeitsgruppe Vergabe von Transparency in Deutschland. "Wenn viel öffentliches Geld auf ein Kontrolldefizit trifft, entstehen große Risiken für Korruption“. Auch sieht er Fehler bei der inneren Revision. Sie hätte "viel früher tätig werden müssen“, sagt Brummer, der sich auf WDR-Anfrage den Bericht der Rechnungsprüfer angeschaut hat.
Der Bund der Steuerzahler sieht ebenfalls einen Zusammenhang zwischen der verschleppten Digitalisierung und dem neuen Korruptionsskandal. "Wenn - grob gesagt- Papiere unter den Tisch fallen können, ist es natürlich auch leicht, diese Papiere unter dem Tisch hin und her zu schieben,“ stellt Pressesprecherin Bärbel Hildebrand fest. Sie fordert Aufklärung und die "Lücken zu schließen“, um weitere Vorfälle dieser Art ausschließen zu können. Der BLB sieht auf Westpol-Anfrage keinen Zusammenhang zwischen der schleppenden Digitalisierung und den Korruptionsermittlungen.
Finanzminister ordnet Sofortmaßnahmen an
Während Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) in der vergangenen Woche noch befand, dass die Mechanismen im BLB gegriffen hätten und die Compliance-Regeln beim BLB eingehalten worden seien, veröffentlichte er inzwischen einen 5-Punkte-Plan. Wirtschaftsprüfer sollen nun alle internen Kontrollmechanismen untersuchen. Die internen BLB-Prüfungen werden auf alle Projekte ausgeweitet. Außerdem soll es Sonderschulungen für alle Führungskräfte des BLB geben.
Verstöße auch bei vergaberechtlichen Bekanntmachungspflichten
Denn auch gegen vergaberechtliche Bekanntmachungspflichten hat der landeseigene Immobilienbetrieb BLB jahrelang verstoßen. So stellen es die Rechnungsprüfer fest. Es sei "oftmals nicht zu erkennen, ob die Vergabestellen (…) die Information über die Zuschlagsentscheidung veröffentlicht hatten.“
Diese sogenannten ex ante und ex post Bekanntmachungen sollen die Transparenz in Vergabeverfahren ohne öffentliche Auftragsbekanntmachung erhöhen. Unterlegene Bieter können sich informieren, ebenso die Medien und die Öffentlichkeit.
Denn nur so "können Rückschlüsse gezogen werden, ob hier etwas im Argen liegt“, sagt Julian Brummer von Transparency. Und fehlen diese Bekanntmachungen bei Vergaben, "könne auch niemand die Zuschläge in Zweifel ziehen“.
Unsere Quellen:
- Haushaltsausschuss NRW
- Jahresbericht Landesrechnungshof
- Bund der Steuerzahler NRW auf Anfrage
- Transparency Deutschland auf Anfrage
- BLB auf Anfrage
Über dieses Thema berichten wir am Sonntag auch im WDR-Magazin Westpol ab 19:30 Uhr.