DGB NRW: Geld für Investitionen ist da - trotz Schuldenbremse

Stand: 08.10.2024, 14:07 Uhr

Der DGB NRW spricht sogar von einem "Investitionsnotstand". In einer Studie hat er Zahlen ermitteln lassen zu den nötigen Investitionen in den nächsten zehn Jahren. Der Dachverband sieht viele finanziellen Spielräume für die schwarz-grüne Landesregierung - trotz Schuldenbremse.

Von Sabine Tenta

Für die Vorsitzende des DGB-Landesverbands NRW, Anja Weber, ist die betriebliche Situation in NRW "dramatisch" und deutlich zugespitzter als im Vergleich zum Vorjahr: "Fast täglich sind wir mit Betriebsschließungen konfrontiert." Grund genug für den Gewerkschaftsbund, seiner Studie zu Investitionen der öffentlichen Hand aus dem letzten Jahr ein Update zu verpassen: "Investitionsnotstand in NRW beenden! Nordrhein-Westfalen muss Sackgassen vermeiden und finanzpolitische Handlungsfähigkeit zurückgewinnen" - so lautet der Titel der aktuellen Untersuchung, die der DGB-NRW am Dienstag in Düsseldorf vorstellte.

Diese Analyse zeige, dass für die nächsten zehn Jahre in den Bereichen Klimaschutz, Infrastruktur, Wohnungswesen, Gesundheit und Bildung ein Investitionsbedarf in Höhe von rund 156 Milliarden Euro bestehe, "wenn Politik ihre selbst gesetzten Ziele erreichen will".

Konkret müsse NRW in den nächsten zehn Jahren diese Summen investieren:

  • Klimaneutralität bis 2045: 51,5 Milliarden Euro
  • Öffentlichen Infrastruktur (Straßen, Schienen, ÖPNV und Gas-, Strom-, Daten- und Wasserstoff-Netze): 12,2 Milliarden Euro
  • Wohnungswesen: 35 Milliarden Euro
  • Gesundheit: 34,6 Milliarden Euro
  • Bildung: 22,7 Milliarden Euro

Das sind pro Jahr Investitionen von 15,6 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der gesamte Landeshaushalt 2025, der aktuell in der parlamentarischen Abstimmung ist, hat ein Volumen von 105,5 Milliarden Euro.

"Die Probleme sind lösbar!"

Anja Weber | Bildquelle: Rolf Vennenbernd/picture alliance/dpa

Anja Weber stellt fest, dass der Investitionsnotstand in NRW zulasten der regionalen Wettbewerbsfähigkeit und der Ansiedlung neuer Arbeitsplätze gehe. Sie ist überzeugt: "Die Probleme sind lösbar! Es ist allein eine Frage des gesellschaftlichen und des politischen Willens." Es gebe vor allen Dingen zwei Probleme, die sie als "Sackgassen" bezeichnete. Zum einen würde Soziales gegen Investitionen ausgespielt und zum anderen Wachstumspolitik gegen Klimapolitik. Früher habe man Klimapolitik als Wachstumspolitik verstanden, heute würde sie als Belastung der Wirtschaft gesehen. Weber stellt fest, dass Menschen das Vertrauen verlieren, "dass man die Klimawende schaffen kann".

Und wer glaube, über die Kürzung von Sozialausgaben Geld für Investitionen freimachen zu können, "der tauscht nur Problem A gegen Problem B aus", sagte Torsten Windels in Düsseldorf. Der Ökonom ist Mitarbeiter der "Forschungsgruppe für Strukturwandel und Finanzpolitik", die im Auftrag des DGB NRW die Studie erstellte.

Die finanzpolitischen Spielräume: "Ein echter Joker"

Der DGB schlägt vor, die vorhanden Instrumente besser zu nutzen und neue zu schaffen. Zu den bestehenden Strukturen gehörten die NRW Bank als "gut ausgestattetes" Förderinstrument und der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW. Letzterer ist für Torsten Windels "ein echter Joker". Denn der landeseigene Immobiliendienstleister werde aus einem Sondervermögen finanziert und unterliege nicht der Schuldenbremse. Beide Institutionen verfügten über eine hohe Kompetenz und könnten aktiver sein, meint der DGB NRW. "Man kann heute bereits tätig werden und muss nicht auf eine Reform der Schuldenbremse warten", erklärte Windels.

Als neues Instrument schlägt der DGB einen "Transformationsfonds NRW" vor, um Unternehmen beim Umbau zu einer klimaneutralen Produktion zu unterstützen. "Das ist rechtlich möglich und schafft Arbeitsplätze für morgen", betonte Anja Weber. Torsten Windels ergänzte, dass es in Niedersachsen bereits Überlegungen gebe, öffentliche Investitionsgesellschaften zu schaffen. Zum Teil betrete man damit Neuland, es sei noch offen, ob diese Gesellschaften verfassungskonform seien, aber er forderte, es auszuprobieren: "Das finanzpolitische Mütchen muss man sich zutrauen."

DGB benennt Aufgaben für den Bund

Nach Auffassung des DGB NRW ist zudem mehr Hilfe vom Bund für NRW nötig. Beim Länderfinanzausgleich sieht Torsten Windels beispielsweise Reformbedarf. So profitiere aktuell Sachsen deutlich mehr als NRW. Er schätzt, dass es eine "mental schwere Angelegenheit" sei, wenn NRW noch stärker als Bittsteller in Berlin auftreten müsse. Aber es sei nötig, wobei er betonte, er wolle nicht den Osten gegen den Westen ausspielen.

Auch bei einer "längst fälligen Altschuldenlösung" für die Städte und Gemeinden sieht der DGB die Bundesregierung mit in der Pflicht. Und schließlich fordert der Landesverband des DGB eine Reform der Schuldenbremse.

Über dieses Thema berichten wir am Dienstag auch in der WDR-5-Sendung "Westblick" ab 17.04 Uhr.