Die Mafia in NRW: Wie die "Operation Eureka" gelang

Stand: 30.01.2025, 19:51 Uhr

Eine Autopanne zweier Drogenkuriere in Italien führt Fahnder bis nach NRW - im Rahmen der größten europäischen Anti-Mafia-Aktion der Geschichte. Im Mittelpunkt der europäischen Ermittlungen stehen ausgerechnet eine Eisdiele und ein Fischteich in NRW. Wie den Ermittlern der große Schlag mit der Operation Eureka gelang.

Am 3. Mai 2023 um vier Uhr morgens kam es zum großen Showdown, der "Operation Eureka": In zehn Ländern führten Tausende Polizistinnen und Polizisten Großeinsätze gegen die italienische Mafia 'Ndrangheta durch, auch in NRW. Unter anderem in Siegen, Hagen, Wuppertal, Essen, Dortmund und Bonn durchsuchten 500 schwer bewaffnete Einsatzkräfte parallel mehrere Objekte. Der 'Ndrangheta wurde so ein heftiger Schlag versetzt.

Die Vorbereitungen für diese Einsätze zogen sich über vier Jahre, der Tag selbst war akribisch geplant "wie ein Theaterstück", berichtet Oliver Huth vom LKA Düsseldorf, der die Operation geleitet hat, im WDR-Interview. In einer großen dreiteiligen Doku von WDR, BR, SWR, RBB, MDR und NDR ist nun zu sehen, wie die Ermittler der Mafia auf die Spur kamen und wie sie alles auf den entscheidenden Zugriff hin planten. Die Doku ist in der ARD-Mediathek zu finden. Durch die "Operation Eureka" konnten über 100 Tatverdächtige europaweit verhaftet werden.

Eisdiele und Fischteich in NRW als Tarnung

Eine Autopanne zweier Drogenkuriere bringt Fahnder in ganz Europa auf die Spur: Vieles deutet darauf hin, dass ein internationales Drogenschmuggel-Netzwerk aus der deutschen Provinz heraus agiert und Frauen als Drogenkuriere für die Mafia tätig sind. Im Zentrum des Netzwerks: Ein Fischteichbesitzer in Nordrhein-Westfalen. Tatsächlich ist Deutschland aufgrund seiner laxen Gesetze eine Mafia-Hochburg in Europa.

Eisdiele und Fischteich, das klingt erstmal etwas bizarr, es ist aber vor allem: Tarnung. Über solche Betriebe können Gewinne aus Straftaten in den deutschen Wirtschaftskreislauf eingebracht werden. Das Kalkül der Mafia: Die Gelder sollen so unentdeckt an den Behörden vorbeigeschleust werden.

Vier Jahre lang beobachten Fahnder um Kommissar Oliver Huth Kuriere und Hintermänner. Mit Hilfe des ehemaligen Mafia-Bosses Luigi Bonaventura erhalten sie intime Einblicke in kriminelle Strukturen.

Eiscafé in Siegen: Stützpunkt der 'Ndrangheta?

Polizeikräfte sichern am 03.05.23 bei einem Eiscafé in Siegen Beweismittel | Bildquelle: WDR/dpa

Das Eiscafé befindet sich in Siegen und ist nach Annahme der Ermittler ein strategischer Stützpunkt der 'Ndrangheta. Beweise würden darauf hindeuten, dass die Eigentümer des Eiscafés in den internationalen Rauschgifthandel verstrickt seien, so Huth im WDR-Interview. Die Annahme sei, "dass es eben nicht nur darum ging, Eis zu verkaufen, sondern die kriminelle Organisation [Anm. d. Red.: Die 'Ndrangheta] tatsächlich zu unterstützen, sei es mit dem Beibringen von Scheinhaltern oder dem Zulassen von Fahrzeugen für Personen, die später mit europäischem Haftbefehl gesucht worden sind."

Fischteich: Dahinter soll deutsche Tätergruppe stehen

Hinter dem Fischteich soll eine deutsche Tätergruppe stehen, die den Service angeboten haben soll, Rauschgift in Fahrzeugen durch Europa zu transportieren, so Huth.

Kampf gegen die Mafia: Die "Operation Eureka" WDR 5 Morgenecho - Interview 30.01.2025 07:22 Min. Verfügbar bis 30.01.2026 WDR 5

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Kernziel der Ermittler über die vier Jahre bei ihrer Spurensuche durch die organisierte Kriminalität war es, Beweise für Haftbefehle zu sichern. Dafür wurde der Staatsanwaltschaft Düsseldorf unter anderem sichergestelltes Kokain vorgelegt.

"Operation Eureka": "Man kommt nicht zum Schlafen und arbeitet durch"

Die "Operation Eureka" war für die Einsatzkräfte dabei sehr fordernd: "Man fängt den Dienst eigentlich zwei Tage vorher an, kommt nicht zum Schlafen und arbeitet die Tage durch", erzählt Huth. Zum Zeitpunkt des Zugriffs war er nicht selbst vor Ort, sondern verfolgte die Einsätze seiner Kolleginnen und Kollegen von weiter weg - das Warten war sehr angespannt.

"Dieser Punkt von vier Uhr bis zu dieser ersten Meldung [Anm. d. Red.: dass Festnahmen erfolgen konnten], das ist schon ein Zeitraum, den man nervlich überbrücken muss, weil man wirklich hofft, dass alles gut geht und man den Einsatz tatsächlich gut vorbereitet hat", so Huth.

Der Einsatz ist mittlerweile etwa anderthalb Jahr her. Die Besitzer des Fischteichs in Breckerfeld seien bereits verurteilt worden, sagt Huth. Zum Teil laufen noch Verfahren. Eureka habe Erfolg gebracht. Und was Oliver Huth besonders freut: Auch die internationale "Polizeifamilie" sei zusammengewachsen.

Die dreiteilige Doku (3x30 Minuten) von WDR, BR, SWR, RBB, MDR und NDR ist seit Mittwoch, 29.01.2025, in der ARD-Mediathek zu finden.

Unsere Quellen:

  • ARD-Doku "Jagd auf die Mafia - Die 'Ndrangheta in Deutschland"
  • WDR-Interview mit Oliver Huth vom LKA Düsseldorf
  • WDR-Pressetext zur Doku
  • WDR-Bericht "Razzia in NRW: Schlag gegen italienische Mafia" vom Mai 2023