Grippewelle trifft Kinder und Kinderkliniken hart Aktuelle Stunde 28.01.2025 42:40 Min. UT Verfügbar bis 28.01.2027 WDR Von Marius-Antonius Brüning

Die Grippe geht um - und trifft vor allem Kinder

Stand: 29.01.2025, 06:00 Uhr

Die Grippewelle hat begonnen. Seit Jahresanfang ist ein klarer Anstieg von Krankheitsfällen sichtbar. Laut Robert Koch-Institut ist daran zwar nichts Ungewöhnliches. Aber trotzdem leiden zurzeit viele Menschen, vor allem Kinder - manche sogar schwer. Was Kinderärzte, ein Schulleiter und eine Kita-Leiterin berichten.

Professor Rainer Ganschow vom Universitätsklinikum Bonn ist auf dem Weg zum siebenjährigen Samuel. Den jungen Grippepatienten untersucht der Mediziner in Schutzkleidung. Seit einer Woche geht es Samuel schlecht.

Samuel konnte plötzlich nicht mehr laufen

Zuletzt konnte Samuel nur noch auf dem Sessel sitzen. Er hat Influenza, auch echte Grippe genannt. Bei ihm schlägt das Virus auf die Muskulatur. Er konnte plötzlich nicht mehr laufen.

Seine Mutter ging anfangs von einer normalen Grippe aus. Als sie bemerkte, dass die Grippe bei Samuel keinen normalen Verlauf zeigt und ihr Kind nicht mehr laufen konnte, suchte die Familie das Krankenhaus auf.

Professor Rainer Ganschow, Kinderarzt Uniklinikum Bonn | Bildquelle: WDR

Samuel hat laut Kinderarzt Rainer Ganschow einen eher seltenen schweren Verlauf. Das erleben sie hier im Universitätsklinikum Bonn immer wieder, sagt der Direktor der Allgemeinen Pädiatrie am Zentrum für Kinderheilkunde dem WDR. Und die Grippesaison geht gerade erst richtig los.

"Seit dem Jahreswechsel merken wir das analog auch bei den Erwachsenen, dass die Ansteckungsrate im Moment sehr hoch ist und die Zahlen nach oben schnellen." Rainer Ganschow, Kinderarzt Uniklinik Bonn

Die große Uniklinik kann mit steigenden Zahlen an Grippe-Patienten noch gut umgehen. Aber das ist nicht überall im Land so. Beispiel Hamm:

"Die Kinderklinik ist an seiner Kapazitätsgrenze, da viele Fälle stationär aufgenommen werden", sagt Wolfgang Kamin, Kinderklinik-Chefarzt der Johanniter-Kliniken Hamm. "Es kommt auch vor, dass ganze Familien aufgenommen werden, da die Erreger nicht nur die Kinder krank machen, sondern auch die Eltern."

RKI: 5,8 Millionen neue Fälle mit Atemwegserkrankung

Laut der Bundesbehörde Robert Koch-Institut (RKI) haben sich in der vergangenen Woche etwa 5,8 Millionen Menschen neu mit einer akuten Atemwegserkrankung angesteckt. Dazu zählen mindestens Husten oder Halsschmerzen oder Fieber - unabhängig davon, ob sie einen Arzt oder eine Ärztin aufgesucht haben.

"Wie auch in den Vorjahren wurde dabei ein sehr starker Anstieg bei den Kindern beobachtet, aber auch bei den jungen Erwachsenen", so das RKI im GrippeWeb-Wochenbericht. Insgesamt sei die hohe Zahl an Atemwegserkrankungen aber nicht untypisch für die aktuellen Wochen.

Besonders betroffen: Schulen und Kitas

Stefan Kremer, Schulleiter Gymnasium Norf in Neuss | Bildquelle: WDR

Mit den kranken Kindern sind auch die Kitas und Schulen betroffen - zum Beispiel das Gymnasium Norf in Neuss. Hier appellierte der Schulleiter wegen der explodierenden Zahl an Krankheitsfällen zuletzt per Rundschreiben an die Eltern.

"Wir wollten vermeiden, dass die Eltern ihre ohnehin schon erkrankten Kinder zum Unterricht bringen", sagt Schulleiter Stefan Kremer dem WDR.

In manchen Kitas sind mehr Kinder krank als gesund

Ein Problem, dass sie auch in der Kita Mini-Max in Wickede im Kreis Soest kennen. Gerade einmal neun von 26 Kindern sind am Dienstag erschienen. Der Rest ist krank.

Irene Kollmer, Kita-Leiterin in Wickede | Bildquelle: WDR

Auch hier gibt es immer wieder die Diskussion, ob man das Kind bringen kann oder nicht. Kita-Leiterin Irene Kollmer zeigt Verständnis, dass die Eltern ihre Kinder bringen, auch wenn sie nicht ganz gesund sind: "Die Eltern müssen arbeiten. Die haben keine andere Wahl."

"Aber spätestens wenn Fieber kommt, dann ist es vorbei. Dann müssen die Eltern die Kinder abholen." Irene Kollmer, Leiterin der Kita Mini-Max in Wickede

Bei den meisten Kindern verlaufe die Krankheit zum Glück mild, sagt Professor Rainer Ganschow von der Bonner Uniklinik. Aber selbst sein Patient Samuel, den es schwer getroffen hat, hat nun das Gröbste hinter sich. Wahrscheinlich kann er schon am Mittwoch nach Hause.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporter vor Ort
  • Robert Koch-Institut
  • Professor Rainer Ganschow, Kinderarzt Uniklinikum Bonn
  • Mitteilung der Johanniter-Kliniken Hamm
  • Stefan Kremer, Schulleiter Gymnasium Norf in Neuss
  • Irene Kollmer, Kita-Leiterin in Wickede