Das Regime des syrischen Diktators Baschar al-Assad ist wohl Geschichte. Die islamistischen Rebellen haben in den frühen Morgenstunden die Kontrolle über die Hauptstadt Damaskus übernommen. Zuvor hatten sie die strategisch wichtige Stadt Homs eingenommen. Machthaber al-Assad hatte das Land am frühen Sonntagmorgen verlassen, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien. Das Rebellenbündnis kündigte einen friedlichen Machtwechsel an.
Demonstranten aus ganz Deutschland
In ganz Deutschland versammelten sich am Sonntag Menschen, um den Sturz des Regimes zu feiern - auch in vielen NRW-Städten. In Essen waren 300 Teilnehmer angemeldet, aber weit mehr sind gekommen: Nach Angaben der Essener Polizei rund 11.000, aus ganz Deutschland, zum Teil sogar aus den Niederlanden. Hupende Autos fuhren durch die Innenstadt. Der große Kreisverkehr am Berliner Platz war zwischenzeitlich verstopft.
Ein junger Syrer aus Essen rief: "Jedes Leid hat ein Ende!" Viele der Menschen sagten, dass sie möglichst bald in ihre Heimat reisen wollen. "Wir wollen unser Land wieder aufbauen", sagte ein Syrer aus Frankfurt. Für die Syrer sei dieser Tag so bedeutend wie für die Deutschen der Tag des Mauerfalls, sagte WDR-Reporterin Isabel Schayani, die mit vielen Demonstranten vor Ort gesprochen hat. Es sei ein Tag der Freude und Erleichterung.
Allein 11.000 Menschen ziehen am Tag des Machtwechsels in Syrien durch die Innenstadt in Essen - angereist aus ganz Deutschland.
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In Wuppertal kamen rund 1.000 Menschen zusammen. "Die Stimmung ist feierlich und ausgelassen", berichtete WDR-Reporter Borhan Akid. Die Menschen freuten sich riesig, dass sie endlich wieder die Chance hätten, nach Syrien zurückzukehren. Einige Teilnehmer hätten Tränen in den Augen gehabt. Viele riefen laut "Freiheit für Syrien" und "Bye Bye Assad". Ein junger Mann brüllte: "Wir haben keinen Diktator mehr, ich habe keine Angst mehr."
Weitere Demonstrationen gab es in Bonn, Münster, Düsseldorf, Aachen, Hamm, Siegen und Solingen mit jeweils mehreren hundert Teilnehmenden. Eine geplante Veranstaltung in Köln wurde abgesagt.
Bereits am Samstag hatten sich rund 1.000 Exil-Syrer in Dortmund versammelt, auch um ihre Solidarität mit der Zivilbevölkerung im Land zu zeigen. Für die Organisatoren der Dortmunder Demonstration symbolisieren die islamistischen Rebellen, die das Assad-Regime gestürzt haben, eine Weiterführung der syrischen Revolution in 2011.
Nach Angaben der Polizei verliefen die meisten Kundgebungen friedlich. In Berlin kam es nach einer Demo allerdings auch zu Gewalt.
Angriff auf Syrer in Berlin
Dort wurde laut Polizei ein junger Mann mit einer syrischen Fahne von fünf Männern angegriffen und zusammengeschlagen. Der Vorfall ereignete sich demnach im Berliner Bezirk Treptow. Der 26-Jährige sei am späten Abend auf einer Landstraße überfallen worden. Fünf Männer, die nach Angaben des Opfers libanesisches Arabisch sprachen, hätten auf ihn eingeschlagen und getreten, bis er das Bewusstsein verlor. Ein Passant habe die Polizei gerufen. Der Syrer wurde mit Platzwunden im Gesicht und Blutergüssen in ein Krankenhaus gebracht.
Exil-Syrer hoffen auf ein Syrien für alle
Für viele Syrerinnen und Syrer steht an erster Stelle, dass Syrien nicht mehr von Assad regiert wird und die islamistischen Aufständischen haben dies nun erreicht. Auch wenn zum Beispiel die Organisatoren der Dortmunder Demonstration (Active for Freedom) Islamismus ablehnen.
Im Zuge des sogenannten Arabischen Frühlings hatte es Anfang der 2010er-Jahre Hoffnungen auf ein freies Syrien gegeben. Doch das Assad-Regime hatte den Aufstand blutig niedergeschlagen. Es folgte ein Bürgerkrieg mit hunderttausenden Toten. Die Teilnehmenden in Dortmund hoffen nun auf ein Syrien für alle, unabhängig von Ethnie oder Religion.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporterinnen und Reporter vor Ort
- Nachrichtenagentur dpa