In einem Seitenschiff des Kölner Doms verbirgt sich ein Schmuckstück des Mittelalters: der Clarenaltar. Ursprünglich stand er in der Franziskanerinnenkirche St. Clara in Köln. Nach deren Abriss während der Säkularisierung fand er im 19. Jahrhundert dort eine neue Heimstatt, wo die gotische Baukunst dem Himmel am nächsten kommt.
Wer den Altar im 14. Jahrhundert schuf, ist nicht überliefert. Ein doppeltes Flügelpaar, das den Altar verschließt, erlaubt drei unterschiedliche Öffnungen. Das kunstvolle Schauspiel von Zeigen und Verbergen läuft auf einen Höhepunkt zu: von der auf kleinstem Raum gemalten Heilsgeschichte der Außenseiten zu den Skulpturen der Heiligen im Inneren.
Seine ganze Pracht entfaltet der Clarenaltar erst, wenn sich seine Flügel an den Hochfeiertagen Ostern und Weihnachten wie bei einem Bilderbuch ganz öffnen. Nur dann ist uns der Blick auf die Heiligen im Paradies vergönnt. In der oberen Hälfte sehen wir die zwölf Apostel, die für ihren Glauben starben. Ihre schmalen Gestalten in den goldenen Gewändern wirken überirdisch und wie körperlos. Im unteren Abschnitt prangen kölsch-katholisch und lebensnah zwölf Jungfrauen aus der Schar der Heiligen Ursula. Freundlich lächelnd trugen die frommen Begleiterinnen der Kölner Schutzpatronin ihre heiligen Knochen in der Büste. Für ihre kostbaren Reliquien wurde der Altar einst geschaffen. Die Krönung der himmlischen Gefilde bilden in Holz geschnitzte Arkaden. Ihre Architektur spiegelt in Stein gemeißelt die Fassade des Kölner Doms wider.
Christa Schulze-Senger; Wilfried Hansmann: Der Clarenaltar im Kölner Dom. Dokumentation der Untersuchung, Konservierung und Restaurierung
Wernersche Verlagsgesellschaft 2005
ISBN 3-88462-211-0, Preis: 36 Euro
Autorin: Martina Müller