Er malte Porträts und Karikaturen, der Wuppertaler Künstler Johann Richard Seel (1819-1875). Mit fast 40 schuf er die "Atelierwand". Sie versammelt rätselhafte Motive, die wirken wie in 3 D.
Johann Richard Seels "Atelierwand" versammelt rätselhafte Motive, die wirken wie in 3 D.
Recht prominent platziert: die Eule der Minerva. Mit dem halb vollen Weinglas scheint sie das Bemühen um Weisheit eher als brotlose Kunst zu bewerten. Wohl eine Anspielung auf den chronischen Geldmangel des Künstlers. Dazu passend die Symbole eines unsteten Lebenswandels vor einer Zeitungsmeldung aus Paris, wo Seel eine Weile gelebt hatte. Oder das Genrebild, das zwei um eine Frau werbende Männer zeigt. Eine Tanzkarte, in die Ecke gequetscht, mag damit zu tun haben.
Meisterhafte Assemblage
Das Ganze eine brillant gemalte, meisterhaft mit Trompe-l'oeil arbeitende Assemblage. Doch was verbindet die einzelnen Elemente, all die Zettel und Fragmente? Seel zieht es hinaus in die Metropolen nach Berlin und Paris. Erfolgreich ist er jedoch nach seiner Rückkehr "nur" in seiner Heimatstadt. Da ist das Selbstporträt des jungen aufstrebenden Künstlers des Vormärz, der als Karikaturist für Furore sorgt. Und derselbe Mann 1859, in dem Jahr, in dem die "Atelierwand" entstand, inmitten seiner Freunde.
Lebensbilanz eines Künstlers
Sie ist offenbar eine nicht allzu rosige Lebensbilanz des Bürgersohns: Seel, ein gescheiterter Revoluzzer und Zweifelnder. Sicher scheint, dass der Tod des Freundes und Dichters Adolf Schults Anlass für das Gemälde war, den er auch als Bild im Bild würdigt. Inklusive Eintrittskarte zu einer Vorlesung des Freundes. Auch ein Gedicht Schults' über die französische Revolution zitiert Seel. Manches in seiner "Atelierwand" mag mysteriös bleiben, aber sie überzeugt durch ihre wunderbare Komposition, die uns eintauchen lässt in das Universum eines Malers aus Wuppertal im 19. Jahrhundert.
Autorin: Claudia Kuhland