1200 Jahre Kunst-, Architektur- und Kulturgeschichte im Osten Westfalens: Schloss Corvey, einst Benediktinerkloster, fürstliche Reichsabtei und Residenz, blickt auf eine wechselvolle Vergangenheit zurück. 2014 wurde es zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Am 26. Mai 2015 überreichte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier die Ernennungsurkunde.
Schloss und Abteikirche
Weltliche und geistliche Hochburg
Die Zeitreise beginnt im 9. Jahrhundert. 822 schenkte Ludwig der Fromme, Sohn und Nachfolger Karls des Großen, den Mönchen das Land. Damals begründete er die hochrangige Stellung des Klosters als Glaubensfestung der Benediktiner und Stützpunkt karolingischer Macht. In Corvey hielten Kaiser und Könige Reichstage ab. Das Kloster war im 9. und 10. eines der bedeutendsten Zentren des Christentums in Nordwesteuropa. Einmalig in Europa: das zwischen 873 und 885 nach dem Vorbild der Aachener Pfalzkapelle errichtete Westwerk. Es ist nicht nur das älteste Baudenkmal Westfalens, sondern das älteste erhaltene Westwerk überhaupt.
Pracht des Barocks
Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges schien der Untergang der Reichsabtei besiegelt. Doch Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen rettete das Klosterleben, in dem er sich 1665 selbst zum Administrator einsetzte. Mit dem Bau der Abteikirche zu Ehren der Heiligen Vitus und Stephanus legte er den Grundstein für das barocke Corvey. Im 18. Jahrhundert verwandelte sich die alte Klosteranlage in eine spätbarocke Residenz, ausgestattet mit allem, was einem Benediktinerabt als Reichsfürsten und Landesherrn von Corvey zustand.
Weltliches Schloss
Mit der Säkularisation wurde die Glaubensgemeinschaft 1803 aufgelöst. Mehrfach wechselten die Eigentümer. Aus dem Kloster wurde ein Schloss. Seit 1840 ist es im Besitz des Herzoglichen Hauses Ratibor und Corvey.
Die Beletage beherbergt eine der größten Privatbibliotheken Deutschlands. Ein Traum für alle Buchliebhaber. Romane, Reisebeschreibungen – Belletristik und Sachliteratur. Über 70.000 Bände, darunter viele Unikate. Ein Denkmal europäischer Buchkultur des 18. und 19. Jahrhunderts. Berühmter Bibliothekar der fürstlichen Sammlung: der Germanist und Dichter des Deutschlandliedes August Heinrich Hoffmann von Fallersleben.
Autorin: Martina Müller