Auf dem "Selbstbildnis an der Staffelei" zeigt er sich mit entblößter Brust, frei, offen, jede Faser der Künstler, der scheinbar entspannt eine Pfeife raucht und uns selbstbewusst anblickt. Wären da nicht die Farben, die seine Bilder prägen - Blau für Nostalgie, Braun für das Leiden, Grün für den Tod.
Jede Faser ein Künstler: der Maler Felix Nussbaum
Auf der Flucht
1904 in Osnabrück geboren, studiert Felix Nussbaum Kunst in Hamburg und Berlin. Anfang der 1930er-Jahre hat er sich etabliert. Breite Anerkennung bringt ihm das Gemälde "Der tolle Platz", ein Schlüsselbild für den Generationenwechsel in der Kunst.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten lebt er im Exil, zunächst in Frankreich, ab 1935 in Belgien. Die Verunsicherung des Emigrantendaseins spiegelt sich in seinen damals entstandenen Selbstbildnissen: ein Mann auf der Suche nach seiner Identität, ausgegrenzt, in seiner Existenz bedroht.
Am 10. Mai 1940, zwei Tage nach dem Einmarsch der deutschen Truppen, wird er von den belgischen Behörden verhaftet und im südfranzösischen Lager St. Cyprien interniert. Unter dem Schock der Lagererfahrung willigt er im August 1940 in die "Rückführung ins Reich" ein. Bei einer Zwischenstation in Bordeaux gelingt ihm die Flucht. Er kehrt nach Brüssel zurück. Seine Erlebnisse im Lager, die Gefangenschaft und Entrechtung werden zu beherrschenden Themen seiner Bilder. Sie erzählen von Angst und Verzweiflung, von Verfolgung und Bedrohung.
Verfolgt, verängstigt, verzweifelt: Selbstbildnis mit Judenpass
Entrechtet
Im Sommer 1942 beginnt die Deportation der Juden aus den besetzten Gebieten. Von nun an hält sich Felix Nussbaum versteckt. Neben dem "Selbstbildnis an der Staffelei" entsteht ein zweites Selbstporträt. Das "Selbstbildnis mit Judenpass" zeigt einen Mann ohne Ausweg, in die Ecke gedrängt, staatenlos geworden, gebrandmarkt mit dem gelben Stern. Einen Mann, der um seine Würde ringt.
Am 20. Juni 1944 wird Felix Nussbaum nach einer Denunziation verhaftet und über das Sammellager Mechelen mit dem letzten Deportationszug aus Belgien nach Auschwitz deportiert. Dort wird er am 2. August 1944 ermordet. Am 6. September 1944 marschieren die Alliierten in Brüssel ein.
Buchtipp
Thorsten Rodiek: Daniel Libeskind - Museum ohne Ausgang.
Das Felix-Nussbaum-Haus des Kulturgeschichtlichen Museums Osnabrück
Ernst Wasmuth Verlag 1999
Autorin: Claudia Kuhland