Es ist eine friedliche, ländliche Szene: Auf einem Rasenstück, umgeben von Obstbäumen, legen zwei Mägde frisch gewaschene Leintücher zum Bleichen aus. Im Hintergrund sind noch andere Menschen in einem Bauerngarten beschäftigt. Der Vordergrund wird dominiert von den Wäschestücken und einem Waschzuber.
Der Maler des Hässlichen
Max Liebermann (1847-1935), einer der bedeutendsten Vertreter des deutschen Impressionismus, hat das Bild 1882 in Holland gemalt – und sich damit wieder dem Naturalismus zugewandt. "Nicht das sogenannte Malerische, sondern die Natur malerisch aufzufassen ist’s, was ich suche."
Als er das Gemälde 1883 auf dem renommierten Pariser Salon präsentierte, stieß er auf heftige Kritik. Seine Bauern- und Handwerkerszenen hatten schon früher für Aufregung gesorgt. Man nannte ihn den "Maler des Hässlichen", weil er sich den damaligen Konventionen der Genremalerei widersetzte.
Die verschwundene Wäscherin
Das in Paris ausgestellte Gemälde sah allerdings anders aus als das uns heute bekannte Motiv. Der Ausstellungskatalog zeigt die ursprüngliche Fassung. Darauf beherrschen zwei weitere Wäscherinnen den Vordergrund. Sie sind auf dem heutigen Bild übermalt. Man kann sie aber noch auf einer eingefärbten Röntgenaufnahme erkennen.
Aus Zeitungsberichten geht hervor, dass gerade Liebermanns Figurendarstellung die Betrachter verärgert habe. Der Künstler zog die Konsequenz und ließ sie verschwinden. Die neu entstandene Komposition mit einem leeren Vordergrund war außergewöhnlich für die damalige Zeit. Sie fand aber rasch Nachahmer und prägte fortan die Kunst großer Landschaftsmalereien. Liebermanns "Rasenbleiche" wurde ein Klassiker, ein Postkarten- und Briefmarkenmotiv. Im Original zu sehen ist das Bild im Wallraf-Richartz-Museum in Köln.
Autorin: Claudia Kuhland