Nichts hat unsere Vorstellung von Karl dem Großen mehr geprägt als die Büste, die in der Aachener Domschatzkammer aufbewahrt ist. Sie findet sich in jedem Geschichtsbuch. Dabei weiß niemand genau, wie Karl tatsächlich aussah. Um 742 geboren (das Geburtsjahr ist umstritten), wurde er auf dem Höhepunkt seiner Karriere zum ersten abendländischen Kaiser des Mittelalters gekrönt. Er starb im Jahre 814 und wurde im Aachener Dom beigesetzt.
Büste Karls des Großen
Herrscher und Heiliger
Um 1349, rund 500 Jahre nach Karls Tod, entstand ein Idealbild, kein Porträt: der Kaiser in Gold und Silber, ein Heiliger, der im Himmel verehrt wird. Wer der Künstler war, ist ungewiss. Er schuf den Kopf nach den Maßen der schon früher angefertigten Krone. Sie ist erheblich größer als die Reichskrone und wurde für Krönungen benutzt, wenn die Reichsinsignien im Besitz rivalisierender Herrscherfamilien waren. Die Krone ist geschmückt mit zahlreichen Gemmen, Kameen und Edelsteinen. Ein großer Bügel mit einem weithin sichtbaren Kreuz betont ihre Bedeutung.
Die Büste selbst verbirgt die Schädeldecke Karls des Großen, eine Reliquie, die so kostbar war, dass immer wieder Teile herausgebrochen und verteilt wurden. Der Kaisermantel ist mit zahlreichen Edelsteinen besetzt. Adler und Lilien, deutsche und französische Wappenzeichen, erinnern an das Reich Karls des Großen. Bei Krönungen in Aachen wurde die Büste dem gewählten König entgegen getragen. So begrüßte der erste Kaiser des Heiligen Römischen „in persona“ seine Nachfolger.
Buchtipp
Wilfried Hartmann: Karl der Große.
Urban Taschenbücher Bd. 643
Kohlhammer 2010; Preis: 19,90 Euro
Autorin: Martina Müller