Ihr Ruf ist denkbar schlecht. Und eigentlich sind sie vor allem eins: eine kollektive Peinlichkeit. Mit öffentlichen „Bedürfnisanstalten“ assoziieren wir Schmuddelecken für schnellen Sex, Drogenkonsum, Tatorte für Verbrechen, kurz den Absturz in die Unterwelt.
Ganz anders dagegen die WC-Anlage am Domplatz in Münster. Wo wir die Stufen hinabsteigen und mit dem Schlimmsten rechnen, bekommen wir das Beste. Der Düsseldorfer Konzeptkünstler Hans-Peter Feldmann spielt mit unseren Erwartungen.
Wo wir mit dem Schlimmsten rechnen, bekommen wir das Beste: Hans-Peter Feldmann spilet mit unseren Erwartungen.
Kunst als ironisch perfekte Dienstleistung
Für die letzte Sanierung der Toiletten aus dem Jahr 1955 hatte 1987 der Papstbesuch in Münster gesorgt. Zwanzig Jahre später ist die Anlage marode. Hans-Peter Feldmann lässt sie für die Münsteraner Schau „skulptur projekte 2007“ entkernen und renovieren. Hernach erinnert nichts mehr an die Tristesse eines übel riechenden Urinals. Der Ort des sozialen Abstiegs hat sich zur Oase gemausert. Musikbeschallung und Duftemissionen, moderne Badkeramik, farbige Fliesen, großformatige Blumenbilder und ein bunter Gute-Laune-Lüster – das Ambiente der unterirdischen WCs gemahnt eher an ein Vier-Sterne-Hotel. Statt Schock und Provokation präsentiert sich die Kunst hier als ironisch perfekte Dienstleistung. Auf Wunsch des Künstlers bleibt der Besuch gratis und wird von ausgewählt freundlichem Personal betreut.
Wo wir mit dem Schlimmsten rechnen, bekommen wir das Beste: Hans-Peter Feldmann spilet mit unseren Erwartungen.
Autorin: Martina Müller