Es ist ein Altar, der Rätsel aufgibt. Wer könnte ihn gemalt haben, und wer sind die Auftraggeber? Eine Spurensuche.
Hinweise auf mehrere Künstler
Auf der Alltagsseite ist der Heilige Hieronymus zu sehen. Der Kirchenvater als Einsiedler - Askese und Selbstkasteiung in der Nachfolge Christi. In seiner abgelegten Kardinalstracht tauchen skizzenhafte Untermalungen auf, die Hinweise auf die Handschrift des Künstlers geben. Ein Unbekannter, der keine Signatur hinterlassen hat, aber den Abdruck seines Daumens in der Malschicht.
Annentriptychon
Auf den Flügeln der Festtagsseite sind wohlhabende Bürger der Stadt Delft abgebildet: Porträts der Familie des Bürgermeisters Dirck van Beest und Johannes der Täufer als Patron der Stifterfamilie. In Mönchskutte steht der älteste Sohn neben dem Vater. Gegenüber die fromme Tochter Margareta mit Mutter und Gattin Geertruyd, unter dem Schutz der Heiligen Maria Magdalena - eine weitere Büßerin.
Sonderbar auch die Zeichen am Himmel: Halophänomene auf beiden Altarflügeln, realistisch dargestellt, wie sie am Ostermontag 1514 tatsächlich zu sehen waren. An diesem Tag wird der Sohn zum Kartäuser-Mönch geweiht. Hat der Vater aus diesem Anlass den Altar gestiftet? Das Programm der Flügel passt zu der asketisch lebenden Klostergemeinschaft.
Die Mitteltafel dagegen erzählt eine ganz andere Geschichte. Sie zeigt eine reich ausgestattete Gartenlandschaft mit gedecktem Tisch und dem beliebten Thema: Maria mit Mutter Anna und dem Jesuskind. Vermutlich ist sie früher entstanden und gewiss bei einem anderen Künstler in Auftrag gegeben. Denn in den durchscheinenden Untermalungen wird eine feinere Linienführung als auf den Altarflügeln erkennbar.
Hauptwerk des Suermondt-Ludwig-Museums
Die inzwischen dünne Farbschicht des Altars hat Vorzeichnungen preisgegeben, aber keinen Namen. Entstanden um 1509, wird die Mitteltafel einem Meister aus Antwerpen zugeschrieben; die Flügel könnte der Delfter Bürgermeister wenige Jahre später bei einem lokalen Maler bestellt haben.
Gemalt vor der Reformation, hat das Annentriptychon der Familie van Beest Brand, Pest und Bildersturm überstanden. Heute zählt es zu den bedeutendsten Werken des Suermondt-Ludwig-Museums in Aachen.
Autorin: Martina Müller
