Der rheinische Bildhauer Ewald Mataré war zeitlebens fasziniert von Kühen: „Dieses Tier ist ganz ohne Gedanken, ganz Empfindung“, schrieb er in seinem Tagebuch, „damit erhebt es sich groß und rein. Ich kann so gut empfinden, wie man die Kuh in Indien heilig verehrt.“ Besonders in den 1920er und 30er Jahren beobachtete er Kühe bei jeder Gelegenheit, schuf immer neue Plastiken und klagte, wie „ich mich nun seit Jahren langsam von allen Seiten diesem Biest nähere. Vielleicht gelingt es mir doch, es einzukreisen.“
Ringen um die Form
1887 in Aachen geboren, hatte Ewald Mataré zunächst eine klassische malerische Ausbildung absolviert und unter anderem bei Arthur Kampf und Lovis Corinth studiert. Nach dem Ersten Weltkrieg – da war er bereits über 30 – wandte er sich der Grafik und Bildhauerei zu. Vor allem Tierskulpturen wurden sein Markenzeichen. Ein Leben lang rang er um die objektive Form. Lebhafte Jungtiere waren ihm als Modell ein Gräuel. Was er schätzte, war die meditative Ruhe. Genau die meinte er bei den Kühen zu finden. „Mir muss gelingen“, schrieb er 1942, „die Formen ganz aus dem Symbolhaften zu erreichen.“ Mit den Jahren wurden seine Kuh-Plastiken immer kompakter, kleiner und abstrakter. Es entstanden „Mathematikkühe“ oder auch die Skulptur „Zeichen einer Kuh“.
Berühmt wurde Ewald Mataré nach 1945 mit seinen großen Werken für Kirchen und Plätze wie den Reliefs am Südportal des Kölner Doms. Seiner Leidenschaft für Kühe blieb er treu. Er war zwar nie zufrieden, aber voller Hoffnung. „Es ist immer noch keine rechte Verknüpfung von Natur und dem, was ich mache, und doch fühle ich: Eines Tages mache ich eine gute Kuh.“
Autorin: Claudia Kuhland