- Sendehinweis: WDR 4 mit Martina Emmerich | Heute, 10.00 - 14.00 Uhr | WDR 4
Gitter. Die Bühne ist ein Gefängnis. Der Dichter Miguel de Cervantes ist der neueste Insasse. Er hat seinen Nebenjob als Steuereintreiber zu genau genommen. In einer Diktatur sind nicht alle gleich und wer den Falschen auf die Füße tritt, hat ein Problem. Autor Dale Wasserman hat für sein Musical "Der Mann von La Mancha" eine Rahmengeschichte erfunden: Cervantes erzählt die Abenteuer von Don Quixote seinen Mitgefangenen im Knast.
Diese Idee hat mit der Biographie des Schriftstellers zu tun. Cervantes saß wohl dreimal im Gefängnis und hat wirklich als Steuereintreiber gearbeitet. Wer nun erwartet, dass die Gitter sich öffnen und die Bühne farbig wird, dass Don Quixote gegen Windmühlen kämpft, die er für Riesen hält, dass ein Theaterfeuerwerk abgefackelt wird, wird enttäuscht. Die Farben bleiben blass, die Rüstung Don Quixotes besteht aus einem zerdengelten Eimer als Helm und einem Blechtablett als Schild. Der Rest ist Fantasie.
Eben darum geht es in Carsten Kirchmeiers konsequenter und schlüssiger Inszenierung. Hier träumt sich kein Bücherwurm in die Welt der damals populären Ritterromane hinein. Die Weltflucht, die Cervantes hier beschreibt, ist politisch motiviert. Der Wahnsinn von Don Quixote ist ein Akt des Widerstands. Er fühlt sich hilflos gegenüber einer Welt, die er nicht versteht, die absurd und brutal ist. Also zieht er sich aus ihr zurück.
"Der Mann von La Mancha" läuft knapp zwei Stunden ohne Pause. Die Musik von Mitch Leigh nimmt spanische Klänge auf, zitiert Volksmusik und klingt manchmal wie ein wuchtiger Hollywoodsoundtrack. Trotz angeknackster Rippe – ein Probenunfall – singt und spielt Philipp Kranjc Cervantes oder Don Quixote mit viel Einsatz und baritonaler Macht. Toll ist auch Elisabeth Hübert als Prostituierte Aldonza, die Don Quixote zur Edelfrau Dulcinea erklärt. Erst findet Aldonza diese Fantasien einfach bescheuert. Sie hat Sex mit jedem, das ist ihr Beruf, sonst kann sie nicht überleben. Aber die Ideen berühren etwas in ihr, und schließlich ist sie es, die den Geist des Rittertums weiter trägt. Diese Hoffnung auf eine bessere Zukunft ist die Botschaft dieses packenden Musicals.

Sebastian Seitz, Adam Temple-Smith und Philipp Kranjc (l-r) bei einer Aufführung des Musicals "Der Mann von La Mancha" in Gelsenkirchen.
Termine:
- 5., 6. und 13. April.
- Weitere Termine bis zum 12. Juli.