N – wie Nikolaus
Der Nikolaustag geht zurück auf den Bischof Nikolaus von Myra, der im dritten Jahrhundert in Lykien (heute im Süden der Türkei) lebte. Der Nikolaus kommt in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember, füllt die Stiefel, die vor der Tür stehen, und bringt den Kindern Geschenke. So ist es Brauch. Er hat einen weißen Bart und muss einen roten Mantel, eine Mitra und einen Bischofsstab tragen. So steht es im Nikolaus-Handbuch. Hier ist alles genau aufgeschrieben, wie Nikoläuse aussehen, was sie können und tun müssen. Seine Auftritte sind manchmal ungewöhnlich, so wie in Kleve, wo er mit dem Boot über den Kanal fährt. Und manchmal spektakulär wie in Münster, wo es einen Nikolaus gibt, der mit einer bunt geschmückten Rikscha samt funkelndem Tannenbaum, Kuscheltieren und Kassettenrecorder über den Prinzipalmarkt und die Einkaufsstraßen fährt.
O – wie Ochs, Esel & Co
Ochs, Esel und Kamel – das sind traditionell die Weihnachtskrippentiere, die das Jesuskind nach seiner Geburt mit ihrem Atem gewärmt haben. Dazu kommen die Schafe der Hirten, die vom Feld zum Stall in Bethlehem liefen. All diese Tiere gehören auch zur lebenden Krippe in Haltern-Lippramsdorf, wo die Weihnachtsgeschichte von Laiendarstellern als Krippenspiel aufgeführt wird. Aber das Monopol ist gefallen: Immer häufiger drängeln vor allem auf den Weihnachtsmärkten Alpakas dazwischen. Rentiere gehören natürlich auch zu Weihnachten – schließlich ziehen sie den Schlitten des Weihnachtsmanns. In der "Zoom Erlebniswelt" lebt Molly, eine einsame Rentierdame, die von ihrer Herde gemobbt wird. Das hat sie gemeinsam mit "Rudolf", dem berühmtesten Rentier der Welt, das wegen seiner roten Nase verspottet wurde.
Ochs und Esel gehören auf jeden Fall zu Weihnachten.
P – wie Polizei
In den 50er und 60ern des letzten Jahrhunderts war es in einigen größeren Städten in NRW wie Münster oder Köln Brauch, zu Weihnachten die Verkehrspolizisten zu beschenken: Die Bürger übereichten "ihrem" Polizisten, dem Mann, dem sie jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause begegneten, in den Vormittagsstunden des Heiligen Abends kleine Präsente: eine Flasche Wein, einen Kasten Bier, eine Packung Zigaretten oder eine Schachtel Pralinen. Die Geschenke kamen meist direkt von den Fahrern und Insassen der Autos. Die Wagen verlangsamten das Tempo, und Flaschen und Päckchen wurden aus dem Fenster gereicht. Die Geschenke wurden unter den Kollegen aufgeteilt und an ein Waisenhaus oder Altenheim gespendet. Ein Polizist, der auf dem Prinzipalmarkt in Münster den Verkehr regelte, erhielt wegen der vielen Geschenke den Spitznamen "MÜPOPO", Münsters populärster Polizist.
S – wie Stephanus steinigen und Stille Nacht
"Stephanus steinigen" ist ein Brauch, der heute noch in katholisch geprägten Gegenden praktiziert wird. Am 26. Dezember gedenkt man des heiligen Stephanus, (ein Märtyrer, der vor rund 2.000 Jahren seines Glaubens wegen gesteinigt wurde) mit einem besonderen Trinkritual: Man trifft sich in der Gaststätte. Jeder hat einen Stein in der Tasche, den er auf Anfrage auf die Theke oder den Tisch legen muss. Kann er keinen Stein vorweisen, kostet ihn das eine Runde. "Stephanus steinigen" ist heute noch im Münsterland beliebt, zum Beispiel in Dülmen, wo sich die Männer am zweiten Weihnachtstag in der Kneipe treffen. Im Wittgensteiner Land muss vor dem Trinken gesungen werden. Die Stephansgesellen ziehen zu den Höfen und Häusern und sammeln Gaben ein. Das nennt sich auch Wurstsingen. Am Abend werden die gesammelten Dinge für gute Zwecke versteigert. Und dann kann endlich getrunken werden.
"Stille Nacht, heilige Nacht" gilt weltweit als das bekannteste Weihnachtslied und als Inbegriff des Weihnachtsbrauchtums im deutschen Sprachraum. Es wurde am 24. Dezember 1818 in einer römisch-katholischen Kirche in Oberndorf bei Salzburg mit einer Melodie von Franz Xaver Gruber und dem Text von Joseph Mohr erstmals aufgeführt. Das Lied ist einfach und hat eine einprägsame Melodie. Im vergangenen Jahrhundert wurde es von wandernden Handwerksgesellen überall in der Welt verbreitet. Es wird in fast 200 Sprachen gesungen und gehört zum immateriellen Weltkulturerbe.
T – wie Tannenbaum und Trolle
Die Verwendung eines geschmückten Baumes hat keinen historisch nachweisbaren Anfang, sondern findet in Bräuchen verschiedener Kulturen ihren Ursprung. Immergrüne Pflanzen verkörperten Lebenskraft. Und darum glaubten die Menschen in früheren Zeiten, sich Gesundheit ins Haus zu holen, indem sie ihr Zuhause mit Grünem schmückten. Der Tannenbaum, der je nach Region auch Christbaum oder Weihnachtsbaum genannt wird, war früher den wohlhabenden Menschen vorbehalten. Erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als vermehrt Tannen- und Fichtenwälder angelegt wurden, konnte der städtische Bedarf gedeckt werden. Größe und Schmuck veränderten sich im Laufe der Zeit. Von den 1920er-Jahren bis nach dem Zweiten Weltkrieg hängte man vor allem Silbernes in den Baum, in Not- und Kriegszeiten auch anderes wie Äpfel oder Strohsterne. Erst Ende der 1950er-Jahre wurde der Schmuck parallel zum Wirtschaftswunder immer prunkvoller und aufwändiger. Heute stehen geschmückte Tannenbäume nicht nur in den heimischen vier Wänden, sondern gehören überall zum Stadtbild.
Besonders in den skandinavischen Ländern spielen Trolle und Wichtel eine große Rolle – nicht nur zur Weihnachtszeit. Sie beschützen das Haus und unterstützen die Menschen bei ihren Verrichtungen. In Schweden ist es Brauch, dass in der Vorweihnachtszeit ein Wichtel im Haus einzieht, der eifrig bei den Weihnachtsvorbereitungen unterstützt. Der "Haus-Tombte" ist sozusagen ein Assistent des Weihnachtsmanns und des Christkinds. Der hilfreiche kleine Hausgeist macht gerne Schabernack. Zu Weihnachten wird ihm Milchreis hingestellt – sein Lieblingsessen.
Ein Tannenbaum im historischen Weihnachtszimmer im Freilichtmuseum Lindlar
W – wie Weihnachtsmann
Die Figur des Weihnachtsmannes beruht ebenfalls auf dem heiligen Nikolaus von Myra. Im Laufe der Reformation wurde der 25. später der 24. Dezember zum Tag der Geschenke. Großen Anteil an der Verbreitung der Geschichte vom Weihnachtsmann hatte der Schriftsteller August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, der 1835 das Lied "Morgen kommt der Weihnachtsmann" schrieb. Das Bild vom Weihnachtsmann, so wie wir ihn heute kennen, hat ab 1931 ein amerikanischer Süßgetränke-Hersteller geprägt: ein alter Mann mit freundlich-sympathischem Gesicht und weißem Bart, der einen roten Mantel mit weißem Fellbesatz und eine rote Zipfelmütze trägt, eine Glocke und einen Sack mit Geschenken bei sich führt. Und er kommt mit seinem Schlitten, gezogen von Rentieren, direkt aus dem Himmel.
Der Weihnachtsmann kommt traditionell mit dem von Rentieren gezogenen Schlitten.
Z – wie Zuhause
Zuhause und gemeinsam mit der Familie – so möchten die meisten Menschen Weihnachten feiern. Das war und ist bei Prominenten nicht anders: Hoch über dem Baldeneysee thront das frühere Wohnhaus der Industriellenfamilie Krupp zu Bohlen und Halbach: In der Villa Hügel war das Weihnachtsprogramm, an dem viele Menschen teilnahmen, jedes Jahr genau festgelegt. Es gab zwei riesige Bäume in dem großen Haus, einer ganz in Silber, der andere ganz bunt. Zuerst wurden arme Kinder und Familien beschert, dann Gäste und das Personal, das im Vorfeld der Feierlichkeiten besonders viel zu tun hatte und monatelang Weihnachtslieder üben musste. Schließlich zog sich die Familie in die obere Halle zurück, das private Wohnzimmer.
Im Haus von Willy Millowitsch ging es Weihnachten heimelig zu – mit Tannenbaum, Liedern und Gedichten, einer riesengroßen Krippe mitten im Wohnzimmer und einem Puter, der mindestens acht Leute satt machte. Vier Kinder waren zu bescheren: Katharina, Peter, Marianne und Mariele. Mutter Gerda war die festliche Stimmung wichtig. Und dazu gehörte die Lesung aus dem Weihnachtsevangelium. Vater Willy war nicht nur für das Zerlegen des Puters zuständig, er nervte auch seine Familie manchmal, weil er ständig mit seiner Super-8-Kamera herumlief und alle Momente perfekt inszenieren wollte.
Im Haus von Bundeskanzler Konrad Adenauer in Rhöndorf am Rhein wurde im ganz großen Familienkreis Weihnachten gefeiert. In der Mitte der glückliche Patriarch. Die Regeln waren streng, die Feier genau durchorganisiert: Um halb fünf hatte sich die Familie einzufinden, dann wurde im Musikzimmer gemeinsam gesungen. Es gab Kaffee, Tee und Christstollen, bis das Glöckchen klingelte, die Schiebetür aufging und den Blick auf den großen, geschmückten Weihnachtsbaum und die Krippe mit den handgeschnitzten Figuren freigab.