Bluesrock aus den USA
Canned Heat
Ihre Story umfasst große Kapitel des Bluesrock. Und ist auch eine Geschichte von Triumphen, Tragödien und vom Kampf mit Alkohol und harten Drogen. Canned Heat, die als Blues’n’-Boogie-Prediger schon das Woodstock-Festival bespielten, sind nicht mehr so lebendig wie in den 1960er- und 1970er-Jahren. Aufgeben ist für die Band allerdings nach wie vor keine Option.
Eigentlich müsste diese Band längst einen Eintrag im „Guinness-Buch der Rekorde“ haben. Weil wohl kaum eine andere Formation so viele Besetzungswechsel überstanden, bewältigt und ja: auch irgendwie überlebt hat. Die Geschichte von Canned Heat ist eine Story vom Kommen, Gehen und Wiederkommen. 1965 in Los Angeles von Bob Hite (Gesang) und Alan Wilson (Gitarre, Gesang, Mundharmonika) gegründet, gibt es kaum eine Position in der Band, auf der im Laufe der Jahrzehnte kein Wechsel stattgefunden hat. Canned Heat haben bis heute ihre diversen unsteten Momente überstanden. Längst nicht mehr so lebendig wie einst im Mai 1969, gilt für die Musiker – verblieben sind aus den Anfangstagen Schlagzeuger Adolfo de la Parra und (mit Unterbrechungen) Bassspieler Larry Taylor – bis heute: Aufgeben ist keine Option.
Ihre kreative Hochzeit hatte die Band in den späten 1960er-Jahren. Einen Popularitätsschub bekamen Canned Heat, als sie 1967 beim „Monterey Pop Festival“ auftraten (auch für andere Künstler dieser Generation war dieses Event immens wichtig; ebenfalls im Line-up: Jimi Hendrix und Janis Joplin mit ihrer damaligen Band Big Brother And The Holding Company). Beim Woodstock-Festival konnte die Band mit einer epischen Version von „On The Road Again“ das Publikum mitreißen; zudem wurde ihr Song „Going Up The Country“ zur inoffiziellen Hymne des Festivals.
Dass Canned Heat für eine bestimmte Zeit so prächtig funktionierten, lag vornehmlich an der Gegensätzlichkeit ihrer Frontmänner. Hier der extrovertierte und kontaktfreudige Sänger Bob Hite, dort der introvertierte und scheue Gitarrist und Mundharmonikaspieler Alan Wilson, der als musikalischer Direktor der Band fungierte. Dass die glorreiche Zeit von Canned Heat trotz ihres gleichermaßen elektrisierenden und boogiefizierten Blues-Updates überschaubar war, lag nicht zuletzt an der pharmazeutischen Furchtlosigkeit sämtlicher Bandmitglieder aus der Gründungszeit. Von Anfang an waren alle in der Band begeisterte Drogenkonsumenten. Alan Wilson starb 1970 an einer Überdosis Barbiturate; Bob Hite raffte es 1981 nach einer Überdosis Heroin (die ein paar Roadies der Band zudem mit Kokain konterten) dahin. Triumph und Tragödie konnte man bei Canned Heat nie voneinander trennen; das Schicksal der Band ist auf immer mit dem Tod ihrer beiden wichtigsten Mitglieder verbunden.
Ihren künstlerischen Zenit haben Canned Heat bereits vor Jahrzehnten überschritten. Was nichts dran ändert, dass ihr Schaffen nachhallt. So coverten zum Beispiel Kitty, Daisy & Lewis 2008 auf ihrem Debütalbum „Growing Up The Country“. Die drei Geschwister aus London, die ihr Sound-Aroma bevorzugt mit den Zutaten der 1950er- und 1960er-Jahre herstellen, haben den Klassiker von Canned Heat auf den Beschleunigungsstreifen geschubst. Und so ihre musikalische Gegenwart mit der Poesie der Vergangenheit gestaltet. Bis heute sind Canned Heat live unterwegs. Insofern gilt bei der Band der Titel ihres Song „On The Road Again“ nur bedingt: nicht „wieder“, sondern „immer noch“ ist korrekt. Oder wie Sänger Bob Hite seinerzeit jedes der Konzerte beendete: „And don’t forget to boogie!“