Reisende warten vor einem Schalter am Düsseldorfer Flughafen

Urlaub: Wer hilft bei Problemen?

Stand: 25.06.2024, 06:00 Uhr

Welche Rechte Urlauber bei Flug- oder Zugverspätungen haben, wann sie Anspruch auf welche Ausgleichszahlungen haben und wo sie bei Problemen Hilfe bekommen – darüber sprechen wir mit Rechtsanwalt Kay Rodegra.

Welche Rechte haben Flugreisende?

Wenn sich der Flug in den Urlaub verspätet oder ganz ausfällt – dann ist das natürlich ärgerlich. Unter Umständen aber haben Passagiere dann Anspruch auf eine Ausgleichszahlung. Dafür müssen allerdings ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.

Eine Anzeigetafel am Flughafen zeigt viele annullierte Flüge

Flugannullierungen kommen nicht sehr häufig vor, aber es kann dennoch passieren.

Entscheidend ist zunächst, dass ein annullierter Flug weniger als 14 Tage vor Abflug abgesagt wurde oder ein Flug überbucht wird oder mehr als drei Stunden Verspätung hat. Das besagt die europäische Fluggastrechteverordnung. Damit die Verordnung greift, muss das Flugzeug in einem EU-Land starten. Die EU-Fluggastrechte gelten auch bei einem Flug mit einer EU-Airline von einem Drittstaat in die EU (z. B. Türkei - Deutschland).

Ist das der Fall, haben Flugreisende bei den genannten Problemen gegebenenfalls Anspruch auf eine Entschädigung. Die Höhe richtet sich nach der Länge der Flugstrecke: Bis 1500 Kilometer gibt es 250 Euro, zwischen 1500 und 3500 Kilometern und allen anderen Flügen innerhalb der EU 400 Euro und bei längeren Entfernungen 600 Euro Entschädigung.

Lange Schlangen am DUS

In Ferienzeiten ist meistens mit längeren Wartezeiten zu rechnen.

Zudem haben Reisende bei längeren Wartezeiten auch Anspruch auf Verpflegung – etwa Getränke und ein Essen. Wird der Flug auf den nächsten Tag verschoben, muss eine kostenlose Hotelübernachtung inklusive Transfer gestellt werden.

Allerdings: Sobald „unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände“ Ursache der Verspätung oder der Annullierung sind, muss die Airline nicht zahlen. Dazu zählen etwa ein Streik von Dritten (z.B. Fluglotsen) oder extreme Wetterereignisse. Ein technischer Defekt am Flugzeug hingegen zählt in der Regel nicht als „außergewöhnlicher Umstand“.

Verpassen Passagiere ihren Flug, weil sie zu lange in der Warteschlange an den Sicherheitskontrollen warten mussten, haben sie keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen. Anders ist das gegebenenfalls, wenn die Warteschlange beim Check-In der Airline zu lang war.

Urlaub: Ihre Rechte bei Problemen

Sommerfrische – Der Nachmittag im Westen und Südwesten Folge 7 25.06.2024 22:23 Min. Verfügbar bis 25.06.2026 WDR

An wen können sich Betroffene wenden?

Wer im Fall von abgesagten oder verschobenen Flügen der richtige Ansprechpartner ist, hängt ab von der Art der Reise. Denn Pauschal-Reisende haben in einem solchen Fall weitergehende Rechte als Individual-Touristen.

Pauschalreisen

Pauschalreisen bieten oft Bequemlichkeit und Kostenvorteile, weil alles in einem Paket gebucht wird.

Bedeutet: Pauschal-Urlauber können sich bei Problemen mit dem vertraglichen Flug der Pauschalreise an ihren Reiseveranstalter wenden – der sich dann um alles Weitere kümmern muss. Bei erheblichen Flugproblemen kann der Reisepreis gemindert werden. Neben den vertraglichen Ansprüchen gegen den Reiseveranstalter gelten auch die EU-Fluggastrechte gegenüber der ausführenden Fluggesellschaft, also hat man als Pauschaltourist gleich zwei Ansprechpartner.

Individual-Urlauber haben es bei der Durchsetzung ihrer Rechte schwerer. Ihr Ansprechpartner bei abgesagten oder verschobenen Flügen ist immer die Airline selbst. Das gilt auch, wenn sie den Flug über ein Online-Portal gebucht haben. Denn diese sind in aller Regel lediglich der „Vermittler“.

Grundsätzlich gilt: „Zur Absicherung während der Reise ist es in der Regel besser, Reisen im Paket zu buchen“, sagt Rodegra. Denn wenn etwas schiefgeht, dann haftet der Veranstalter. Individualreisende müssen sich mit jedem einzelnen Vertragspartner, also dem Hotel, der Fluggesellschaft oder dem Mietwagenunternehmen auseinandersetzen.

Wie kommen Individual-Reisende an ihre Entschädigung?

Zu allererst sollten Individual-Reisende die Airline selbst anschreiben und die Entschädigung einfordern, rät Kay Rodegra. „Häufig zahlen die Airlines die Entschädigung dann gleich aus.“

Unter Umständen müsse man die Fluglinie aber auch mehrfach anschreiben. Und auch dann könne es sein, dass man keine Antwort – und kein Geld bekomme. Eine Möglichkeit ist dann, zu einem Anwalt zu gehen und zu klagen.

Man kann sich an einen sogenannten Inkasso-Dienstleister wenden. Dort schickt man alle Unterlagen hin, und der Dienstleister übernimmt dann den Fall – oder lehnt ihn ab. Der Vorteil: Man hat keinen Aufwand und kein Kosten-Risiko. Der Nachteil: Man bekommt im Erfolgsfall nicht die volle Entschädigung. Denn der Dienstleister verlangt eine Provision von bis zu 30 Prozent.

Darüber hinaus gibt es Anbieter, die einem gleich den Anspruch gegenüber der Airline abkaufen, einem umgehend das Geld überweisen und alles Weitere übernehmen. Das ist sicherlich die stressfreieste Variante. Aber auch die teuerste. Denn in der Regel werden bei dieser Variante 30 bis 40 Prozent Provision fällig.

Kay Rodegra sieht diese Portale eher kritisch: „Wenn ich selber den Anspruch habe, dann brauche ich im Grunde auch nicht einen Teil davon als Provision abgeben“, so Rodegra. "Mit einer Rechtsschutzversicherung im Hintergrund hat der Urlauber kein Kostenrisiko und sollte es daher eher mit einem Anwalt versuchen, wenn die Fluggesellschaft eine Zahlung verweigert."

Eine gute Nachricht: Auch wenn der ausgefallene oder verspätete Flug schon etwas länger zurückliegt, können Betroffene womöglich noch die Entschädigung von der Airline bekommen: Der Anspruch verjährt erst nach drei Jahren.
 

Was ist bei Bahnreisen?

Das Bild zeigt einen fahrenden Zug.

Der Zug als Transportmittel bietet eine umweltfreundliche Reisemöglichkeit.

Auch wer bei einer Zugreise sein Ziel nicht pünktlich erreicht, hat womöglich Anspruch auf eine Erstattung: Wer mit einer Verspätung von 60 Minuten oder mehr ankommt, hat Anspruch auf 25 Prozent des Ticketpreises; ab 120 Minuten sind es 50 Prozent. Inhaber von Monatstickets oder anderen Abos bekommen pauschale Festbeträge pro Verspätung.

Allerdings gilt auch hier seit dem 7. Juni 2023 eine neue EU-Regel: Sind „unvermeidbare", "außergewöhnliche Umstände“, also "höhere Gewalt" die Ursache für die Verspätung, dann braucht die Bahn keine Entschädigung zu zahlen. Dazu zählen etwa extreme Unwetter, unberechtigte Personen auf den Gleisen oder Notfälle im Zug. Streik von Bahnmitarbeitern hingegen gilt nicht als „höhere Gewalt“.

Außerdem haben Fahrgäste weniger Zeit, ihre Erstattung einzufordern: Nach einer EU-Verordnung müssen Ansprüche innerhalb von drei Monaten nach dem Vorfall geltend gemacht werden.

Wer im Rahmen einer Pauschalreise mit der Bahn zum Flughafen fährt, sollte zudem Rail & Fly-Angebote von Reiseveranstaltern nutzen, rät Rechtsanwalt Kay Rodegra. Denn: „Dann haftet gegebenenfalls der Veranstalter, wenn man wegen der Bahn das Flugzeug verpasst“, sagt Rodegra.

Wer mit dem Auto zum Flughafen fährt und im Stau steht, fährt auf eigenes Risiko. Ist der Flieger weg, haftet weder die Airline noch der Reiseveranstalter.