Der Münsteraner Islamprofessor Muhammad Sven Kalisch bezweifelt die Existenz Mohammeds. Deshalb ist er von der Lehrerausbildung suspendiert worden. Und das wiederum hat zum Streit zwischen den Düsseldorfer Koalitionspartnern FDP und CDU geführt: In einem WDR.de bekannt gewordenen Briefwechsel werfen sich NRW-Hochschulminister Andreas Pinkwart (FDP) und der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Düsseldorfer Landtag, Helmut Stahl, wechselseitig vor, im Fall Kalisch einschlägige Bestimmungen der Landesverfassung zu missachten. Während Pinkwart, der zugleich FDP-Landesvorsitzender ist, den muslimischen Verbänden - wie allen Religionsgemeinschaften - ein Mitspracherecht bei der Besetzung des Lehrstuhls für die Ausbildung von Islamkunde-Lehrern einräumen will, pocht der CDU-Fraktionschef auf die Freiheit der Wissenschaft: "Einen Kotau vor den islamischen Verbänden darf es nicht geben."
Sicherheitsmaßnahmen in den Vorlesungen
Der Streit um Kalisch tobt seit September vergangenen Jahres. Der bislang einzige Professor für die Ausbildung von Islamkunde-Lehrern in NRW hatte öffentlich bezweifelt, dass der Prophet Mohammed gelebt habe. "Es kann weder die Existenz noch die Nichtexistenz von Mohammed bewiesen werden, ich tendiere jedoch zur Nichtexistenz." Mohammed sei "immer eine Projektionsfläche" gewesen, dozierte der deutsche Islamwissenschaftler: "In Wirklichkeit geht es nicht um die historische Wahrheit, sondern um eine theologische Fiktion." Für den Koordinationsrat der Muslime kamen diese Thesen einer Gotteslästerung gleich. Die Kooperation mit Kalisch wurde aufgekündigt, seinem Lehrstuhl die Akzeptanz für die Ausbildung von Islamkundelehrern entzogen. Seither hat die Leitung der Uni für den 42-jährigen Professor bei seinen Vorlesungen besondere Sicherheitsmaßnahmen angeordnet.
Von Lehrerausbildung abgezogen
Wissenschaftsminister Pinkwart hat Kalisch nicht abberufen. "Dafür gibt es keinerlei Anlass und keinerlei Rechtsgrundlage", erklärte er. Der umstrittene Islamprofessor kann also weiterhin an der Universität Münster lehren und forschen. Bei der Lehrerausbildung ist er jedoch kaltgestellt worden. Pinkwart ordnete an, die Ausbildung der Islamkunde-Lehrer an eine zweite Professur zu übertragen, die inzwischen an der Uni Münster ausgeschrieben ist. Bei der Besetzung dieses Lehrstuhls hat Pinkwart den muslimischen Verbänden ein Mitspracherecht eingeräumt, um "zu gewährleisten, dass die dort ausgebildeten Lehrer später die notwendige Akzeptanz zur Erteilung von Islamkundeunterricht an den Schulen erhalten".
Stahl sieht Wissenschaftsfreiheit bedroht
Zu dieser Haltung des Hochschulministers geht CDU-Fraktionschef Stahl, ein bekennender Katholik, in Fundamentalopposition: "Ich bin ein entschiedener Vertreter der Freiheit der Wissenschaft und werde auch dort, wo es um die Ausbildung der islamischen Religionslehrer geht, diesbezüglich kein Auge zudrücken", schreibt Stahl an den nordrhein-westfälischen Hochschulminister. Der bei der Lehrerausbildung kaltgestellte Münsteraner Professor Kalisch steht nach Auffassung von Stahl "für einen aufgeklärten Islam und bezeigt die Vielfalt der islamischen Theologie".
Pinkwart pocht auf Landesverfassung
Pinkwart beruft sich dagegen auf "die Religionsfreiheit" und "das Gleichbehandlungsgebot" von Religionsgemeinschaften. "Unsere Landesverfassung stellt hier klare Voraussetzungen auf, die wir beachten müssen", schreibt Pinkwart an CDU-Fraktionschef Stahl. In Paragraph 14 der NRW-Landesverfassung sei eindeutig festgelegt, dass Religionsunterricht nur von Lehrern erteilt werden dürfe, "die durch ihre Kirche oder Religionsgemeinschaft dazu bevollmächtigt sind". Für die Hochschulen resultiere daraus der Auftrag, "hinreichend viele und hinreichend akzeptierte Lehrer" auszubilden. Grundsätzlich, so lautet das Credo des evangelischen Christen Pinkwart, müsse dies "auch im Hinblick auf die Integration der muslimischen Mitbürger und ihrer Kinder unser Interesse sein".
Islamischer Religionsunterricht in Gefahr?
Auch der CDU-Fraktionschef will am Staatskirchenrecht "ganz und gar nicht" rütteln. Allerdings sieht er im Koordinationsrat der Muslime keine Religionsgemeinschaft, sondern "Verbände von Migranten", bei denen mit der Ditib beispielsweise eine dem türkischen Staat zugeordnete Behörde mitarbeite. Aber, so Stahl, "Verbände-Lobbys oder staatliche Behörden dürfen nicht über theologische Inhalte oder Methoden bestimmen". Pinkwart fürchtet nun, Stahls Vorstoß könne dem Minister "die Möglichkeit eines islamischen Religionsunterrichts nicht mehr offen halten." Der Minister: "Das fände ich bedauerlich".