Ambitioniertes Bauprojekt
Phoenixsee aus der Asche
Stand: 13.09.2010, 12:00 Uhr
Vor fünf Jahren, am 13. September 2005, wurde in Dortmund der erste Spatenstich für die Bauarbeiten am Phoenixsee gesetzt. Einst stand dort ein Stahlwerk, jetzt soll am See ein Wohngebiet entstehen. In zwei Wochen beginnt die Flutung.
Von Katrin Schlusen
Guntram Pehlke kam nach Dortmund, da stand das alte Stahlwerk auf Phoenix-Ost noch. Ganz in der Nähe ging der Chef der Dortmunder Stadtwerke (DSW 21) nach Feierabend einkaufen und gibt zu, dass er damals dachte: "Ist das hässlich hier." Mittlerweile ist das Stahlwerk längst abgebaut und nach China verschifft und auf dem Gelände entsteht eines der ambitionierten Bauprojekte im Ruhrgebiet: der Phoenixsee. Der künstliche See soll eine Länge von 1.200 Metern, eine Breite von 300 Metern haben und bis zu drei Meter in die Tiefe gehen. Die umliegenden Grundstücke sollen gewinnbringend an Familien und Gewerbetreibende veräußert werden.
Kostensteigerung von 30 Prozent
Jetzt, fünf Jahre nach dem Spatenstich, sagt Pehlke: "In dieser Stadt wird immer alles schlecht geredet, und zwar so lange, bis es fertig ist." Denn Kritik hat es in den Jahren von vielen Seiten gegeben: etwa Medienschelte zur Kostenexplosion und Bürger, die um steigende Mieten bangen. Ursprünglich wurden die Kosten bei 186 Millionen Euro veranschlagt. Die sind in der Zwischenzeit um 30 Prozent gestiegen. Die Gründe: Bergbau-Sicherung, Umplanungen und die erhöhte Umsatzsteuer. "Wussten Sie, dass Dortmund-Hörde ein Sumpfgebiet war, bevor das Stahlwerk gebaut wurde?", fragt Pehlke. Die einstigen Bauherren der Hermannshütte schütteten Beton in den Boden. "Der war bis zu zehn Metern dick", berichtet Pehlke. "Und es gab Kellergewölbe, die nirgendwo eingezeichnet waren." Die Konsequenz: sechs Monate Verzögerung und eine enorme Kostensteigerung. "Wir wollen sicher sein, dass die Bauherren nicht mit einer Bodensenkung rechnen müssen."
"Da hängt der Ruf einer ganzen Stadt dran"
Einer, der trotz aller Unkenrufe ein Grundstück auf Phoenix erworben hat, ist Roger Müller. "Es gibt die Skeptiker und diejenigen, die glauben, dass alles gut geht - zu den Letzten gehöre ich", sagt der Maschinenbauer. "In dem Stadtteil gibt es massive Wandlungsprozesse, das möchte ich gerne miterleben." Knapp 700 Quadratmeter ist sein Grundstück an der Südwestseite des Sees groß, im kommenden Jahr will er mit dem Bau seines Hauses beginnen und "an Nikolaus 2011 möchte ich gerne mit meiner Familie schon eingezogen sein", berichtet er. "Bei einem Investitionsvolumen von 200 Millionen Euro können sich die Stadtwerke keinen Fehler leisten - da hängt der Ruf der ganzen Stadt dran." Immerhin ist Dortmund, was das Erschließen von Industriebrachen für Wohngebiete angeht, ein gebranntes Kind: In den 80er Jahren sorgte der Umweltskandal im Stadtteil Dorstfeld-Süd für bundesweite Schlagzeilen. Damals wurde unter anderen Giftmüll in den Baugruben entdeckt.
Flutung mit Frischwasser
Pehlke betont, dass bei den Bauarbeiten bislang überraschend wenig Giftstoffe gefunden wurden. Die Qualität des Wassers im See will man zum einen über ein Badeverbot sicherstellen - denn für die Reinigung werden unter anderem Algen sorgen, die bereits am Grund angepflanzt wurden und nicht zerstört werden sollen. Zum anderen wird eine Anlage dafür sorgen, dass das Wasser von Phosphor befreit wird. Anders als ursprünglich erhofft - Pehlke sagt, man hätte sich die Möglichkeit im Planfeststellungsverfahren offen gelassen - kann der See aus Zeitgründen nicht durch angrenzende Bäche geflutet werden, sondern wird ab dem 1. Oktober 2010 durch Wasser der Ruhr gespeist.
Besucherandrang an der Südseite
Seit einigen Wochen sind die Pumpen abgestellt, die bislang die Baustelle trocken hielten. Jetzt ist im See schon eine erste Pfütze zu erkennen. Der Info-Point an der Südseite des Sees ist seitdem ein beliebtes Ausflugsziel geworden. "Es gab Phasen, wo das Projekt sehr belastend war", gesteht Pehlke ein. "Aber es ist etwas äußerst Schönes daraus geworden und wir sind wieder im Zeitplan."