Wahlprogramme im Vergleich: Verkehr und Mobilität

Stand: 25.04.2012, 06:00 Uhr

Kilometerlange Staus, überfüllte Züge und marode Brücken – in NRW gibt es viele verkehrspolitische Baustellen. Dabei ist das bevölkerungsreichste Bundesland auf eine intakte Infrastruktur und die Mobilität der Menschen angewiesen. Wir haben geprüft, welche Maßnahmen die Parteien gegen den Verkehrsinfarkt im Land planen.

SPD: Masterplan "Mobilität und Infrastruktur"

Das Logo der SPD NRW

Die SPD fordert in ihrem Regierungsprogramm einen Masterplan "Mobilität und Infrastruktur". Ziel ist demnach, "eine bezahlbare und umweltfreundliche Mobilität für möglichst viele Menschen zu sichern". Dabei setzt die SPD auf den ÖPNV: Sie will den öffentlichen Nahverkehr in NRW attraktiver gestalten, die Finanzierung "neu und transparent" organisieren. Vom Bund fordert die Partei eine zeitnahe und verlässliche Finanzierungszusage für den Rhein-Ruhr-Express und den Ausbau der Verkehrsknotenpunkte Köln, Dortmund und Hamm. Über den "Aktionsplan Nahmobilität" wollen die Sozialdemokraten Fußgänger und Radfahrer fördern und neue Fahrradstraßen, Radschnellwege und Bahntrassenradwege einrichten. Ihre Interessen sollen künftig gleichberechtigt neben denen des motorisierten Verkehrs stehen, schreiben sie im Programm.

Im Bereich Straßen will die SPD Lücken schließen und Engpässe beseitigen, ansonsten dem Grundsatz "Erhalt vor Neubau" folgen und den Ausbau des schienengebundenen Güterverkehrs voranbringen. Hier haben laut Wahlprogramm die niederländisch-deutsche Betuwe-Linie einschließlich des zugesagten Lärmschutzes, die Ruhr-Sieg-Strecke und das Schienenprojekt "Eiserner Rhein" Vorrang. Auch der Ausbau von Güterumschlagplätzen zwischen Straße und Schiene sind der SPD laut Wahlprogramm wichtig.

CDU: Mobilität für freie Lebensgestaltung und wirtschaftliches Wachstum

Das Logo der CDU als große Pappbuchstaben

Die CDU fordert in ihrem Wahlaufruf eine moderne und zukunftsfähige Verkehrsinfrastruktur in NRW und setzt dabei auf die Vernetzung von Straßen, Schienen, Wasser- und Luftverkehrswegen. "Alle Verkehrsträger müssen ineinander greifen und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden", heißt es im Programm. Das sei für eine "intakte Arbeits- und Freizeitwelt" ebenso unabdingbar wie für den Erhalt NRWs als Industrieland Nr. 1. Den von der rot-grünen Landesregierung verhängten Planungsstopp für Straßenvorhaben hält die CDU für falsch und will bei allen Verkehrsträgern die Planungen vorantreiben – auch bei Bundesfernstraßenprojekten. Für eine Geschwindigkeitsbegrenzung ist die CDU nicht zu haben und spricht sich in ihrem Wahlaufruf gegen ein generelles Tempolimit von 120 km/h aus.

Festhalten will die Partei am Ausbau der Häfen, zum Beispiel an der Rheinschiene, für einen Logistikstandort sei das unerlässlich. Ebenso sollen die 2010 noch unter der CDU-geführten Landesregierung mit dem Bund beschlossenen Maßnahmen des Bahngipfels weiterhin gelten. "Wir brauchen den RRX und den weiteren Ausbau des Bahnverkehrs in allen Landesteilen. Nur wenn wir ein attraktives Angebot im öffentlichen Personennahverkehr anbieten, werden dauerhaft Menschen von der Straße auf die Schiene umsteigen."

Bündnis 90/Die Grünen: Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs

Bündnis 90 die Grünen auf einer Flagge

Bei den Grünen steht der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs ganz oben auf der Agenda, vor allem die Verbindungen zwischen NRWs Ballungszentren sollen ihrem Wahlprogramm folgend optimiert werden: "Wir setzen uns energisch dafür ein, dass der RRX als schnelle Verbindung zwischen Dortmund und Köln, die Bahnknoten Köln und Dortmund und der dreigleisige Ausbau zwischen Aachen und Düren realisiert und vom Bund auch finanziert werden." Zudem wollen die Grünen sich für kostengünstige "Sozialtickets" engagieren. Großes Potenzial sieht die Partei im Radverkehr und in E-Bikes, sie will mehr Radwege und Radschnellwege bauen. Das verkehrspolitische Ziel der Partei: "Wir wollen NRW zum Vorreiter für Mobilitätskonzepte machen, die den klassischen ÖPNV, (Elektro-)Leihwagen und (Elektro-)Leihfahrräder verbinden."

Auf den Straßen wollen die Grünen Engpässe beseitigen und Knotenpunkte entflechten, Neubaumaßnahmen sehen sie laut Wahlprogramm nicht vor. Dafür fordern sie eine kostendeckende Lkw-Maut, die für Reparaturmaßnahmen im Bereich der Autobahnen, aber auch für den lärmarmen Ausbau des Schienennetzes genutzt werden soll. Den Gütertransport wollen die Grünen zunehmend auf die Schiene und auf Wasserwege verlegen. Im Luftverkehr setzen sie sich für Nachtflugverbote zwischen 23 und 6 Uhr auf den NRW-Flughäfen ein.

FDP: Bedarfsgerechter Ausbau des Straßennetzes

FDP-Fahne

Die FDP kritisiert, dass der Neu- und Ausbau von Straßen in NRW unter der rot-grünen Minderheitsregierung "nahezu zum Erliegen gekommen" ist und will sich für einen "bedarfsgerechten Ausbau des Straßennetzes" und die zügigere Umsetzung von Baustellen einsetzen. Um Staus zu verringern und chronisch verstopfte Ortslagen zu entlasten, sieht die FDP Potenzial in dynamischen Geschwindigkeitsregelungen. "Statt des von den Grünen geforderten einheitlichen Tempolimits von 120 km/h für ganz NRW setzt die FDP auf intelligente Verkehrsleitsysteme, die zu fließendem Verkehr beitragen", schreiben die Liberalen in ihrem Wahlprogramm.

Den Schienenpersonenverkehr will die FDP modernisieren und die Qualität des öffentlichen Nahverkehrs erhöhen. "Dies ist nur möglich, wenn es einen fairen Wettbewerb unter den Anbietern und größere Freiräume für unternehmerische Initiativen gibt und Verkehrsleistungen konsequent ausgeschrieben werden", schreibt die FDP in ihrem Wahlprogramm. Zur Verbesserung im Schienenverkehr wollen die Liberalen das bedeutendste Eisenbahnprojekt NRWs, den Rhein-Ruhr-Express, so schnell wie möglich realisieren. Im Bereich Güterverkehr will die FDP Nordrhein-Westfalen "optimal" an die Seehäfen in den Niederlanden und Belgien anbinden und die "Schienengüterverkehrsverbindungen" ausbauen.

Die Linke: Vorrang einer sozialen und ökologischen Verkehrspolitik

Logo Die Linke auf einer Flagge

Die Linken wollen eine soziale und ökologische Verkehrspolitik betreiben und geben dem öffentlichen Nahverkehr den "absoluten Vorrang". Laut Wahlprogramm will die Partei Netzdichte, Taktzeiten und die Ausstattung von Bussen und Bahnen insbesondere im ländlichen Raum verbessern und die Preise für Fahrkarten senken. "Wir fordern ein landesweites Nahverkehrsticket verknüpft mit einem flächendeckenden Sozialticket für NRW zu einem bedarfsgerechten Preis von maximal 15 Euro", heißt es im Programm. Langfristig streben die Linken einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr an, finanziert durch Steuermittel. Innerstädtisch sehen die Linken das Fahrrad als Alternative zum Auto. Sie wollen das Radwegenetz ausbauen, Ampelschaltungen sollten den Rad- und nicht den Autoverkehr vorrangig behandeln. Zudem setzen die Linken auf die Verknüpfung der Verkehrsmittel. "Die Mitnahme von Fahrrädern in Bussen und Straßenbahnen muss den Menschen erleichtert werden", heißt es im Wahlprogramm.

Die Straßen sollen entlastet, der Güterfernverkehr nach Ansicht der Linken mehr auf die Schiene und das Wasser verlagert werden. Beim Flugverkehr stehen Gesundheits-, Lärm- und Klimaschutz für die Linken im Vordergrund, sie fordern einen Ausbaustopp regionaler Flughäfen und konsequente Nachtflugverbote.

Piraten: Kostenloser öffentlicher Nahverkehr in einem neuen Verkehrskonzept

Logo der Piraten Partei auf einer Flagge

Die Piraten fordern eine nachhaltige Verkehrsentwicklung und wollen das Verkehrskonzept in NRW grundlegend ändern. In ihrem Programm sehen sie eine konsequente Fokussierung auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) als unumgänglich an: Die NRW-Piraten fordern daher "ein engmaschigeres Netz der Verkehrslinien, eine Taktverdichtung sowie bedarfsgerechte Platzangebote. Verbesserte Verbindungen aus dem Umland der Städte in die Stadtzentren gehören ebenfalls dazu." Der gesamte öffentliche Nahverkehr soll barrierearm gestaltet werden, langfristig streben die Piraten einen fahrscheinlosen ÖPNV zu einem einheitlichen günstigen Tarif an. Da die Kosten für Kontrollen und Fahrscheinverkauf entfielen, halten sie das Projekt für finanzierbar. Bis es so weit ist, soll ein einfach und übersichtlich gestaltetes Tarifsystem gelten, das von der öffentlichen Hand finanziell gestützt wird. Um die Nahverkehrsnetze zu entlasten, wollen die Piraten zudem öffentliche Elektroautos und Fahrräder zu Verfügung stellen.

Im Lkw-Verkehr sehen die Piraten keine Zukunft und fordern in ihrem Programm eine verstärkte Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schienen. Die sollen "durch gering besiedelte Gebiete führen und mit anderen Verkehrssystemen gebündelt werden". Strecken des Hochgeschwindigkeits-Personenverkehrs und des Gütertransversalverkehrs wollen die Piraten entflechten.