Sparen ist nicht lustig. Mehr Freude macht es, Wohltaten zu verkünden. So war es 2010, als Rot-Grün überraschend die Wahl gewann und frohgemut die Abschaffung der Studiengebühren, ein kostenfreies Kita-Jahr und mehr Geld für Kommunen verkünden konnte. Geld, so schien es damals, spielte keine Rolle. 2012 ist das anders. Und so wirkten die Koalitionäre bei der Vorstellung des neuen Vertrages auch nicht sonderlich gut gelaunt. Glanzlichter gibt es im zweiten rot-grünen Vertragswerk nicht. Vieles wird fortgeschrieben, aktualisiert. Symbolprojekte, mit denen man Partei und Wähler begeistern kann: Fehlanzeige. Es geht in erster Linie ums Sparen. Jedenfalls soll der Eindruck erweckt werden.
Es ist viel die Rede vom Sparen
Es wird tatsächlich allmählich Zeit, dass auch NRW mit dem Sparen ernst macht. Das Land häuft seit Jahrzehnten Schulden an. Wie viele Spielräume für sinnvolle Politik gäbe es heute, wenn nicht mehr als jeder zehnte Euro für die Zinsentilgung draufginge? Für 2020 hat die Politik ihren eigenen Ausschweifungen einen Riegel vorgeschoben und die Schuldenbremse in die Verfassung geschrieben. Die neue NRW-Regierung will den Verzicht auf neue Schulden nun auch in die Landesverfassung aufnehmen. Das ist gut. Wie es überhaupt beruhigend ist, dass die zweite Regierung Kraft das Wahlergebnis nicht so interpretiert, ungerührt mit dem Schuldenmachen fortfahren zu können. Jetzt ist viel die Rede vom Sparen, strenger Haushaltsdisziplin und Finanzierungsvorbehalt.
Schwarze Null nur bei sprudelnden Steuereinnahmen
Klingt alles gut. Ist alles folgerichtig. Doch wenn man genau hinschaut, ist das Ergebnis der Sparbemühungen nicht sonderlich beeindruckend. Eine Milliarde Euro sollen strukturell - also dauerhaft - aus dem Haushalt gestrichen werden. Aber erstens nicht ab sofort, sondern binnen fünf Jahren bis 2017. Zweitens ist längst nicht klar, wie genau die eine Milliarde zusammenkommen soll. Und drittens gehen Experten davon aus, dass im Haushalt dauerhaft nicht nur eine, sondern vier Milliarden Euro fehlen. Die schwarze Null im Haushalt bis 2020 kann also nur erreicht werden, wenn die Wirtschaft weiter brummt und die Steuereinnahmen sprudeln. Fest einplanen kann man das sicher nicht. Zumal auch die Pleitebank WestLB als ständige Bedrohung für den Haushalt bleibt.
Konkret sparen will Rot-Grün bei den Förderprogrammen, bei den Landesbetrieben, ganz zaghaft beim Personal, und Verwaltungsstandorte sollen zusammengelegt werden. Die von den Grünen geforderte Stellenstreichung bei der Polizeiverwaltung: vom Tisch. Weniger Lehrerstellen wegen sinkender Schülerzahlen: abgelehnt von den Grünen. Stattdessen soll ein weiteres kostenfreies Kindergartenjahr kommen, sobald das Geld dafür da ist. Der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung wird finanziell unterstützt. Und auch die Städte bekommen mehr Geld.
Der neue Vertrag weist keinen Weg aus den Schulden
Wohlgemerkt, Investitionen in Bildung, Kinder und zur Unterstützung der Kommunen sind sinnvoll. Aber wieder einmal fehlt eine solide Gegenfinanzierung. Natürlich fällt es schwer, im Landeshaushalt große Sparpotenziale zu heben. Aber es gab immerhin Ideen. Im Verhandlungspoker zwischen Roten und Grünen sind jedoch die Härten wegverhandelt worden. Letztlich musste niemand Kröten schlucken, beide Koalitionspartner können zufrieden sein. Exemplarisch dafür ist die Aufteilung des Voigtsberger-Ministeriums. Ein Sozialdemokrat wird das neue Ministerium für Wirtschaft und Energie führen. Dafür behält der grüne Umweltminister die Kompetenz für erneuerbare Energien. Sinnvoll ist diese Aufteilung nur für den Koalitionsfrieden.
Es bleibt dabei: Auch in den nächsten fünf Jahren wird Rot-Grün das Thema Finanzen nicht loswerden. Der neue Koalitionsvertrag wird das nicht ändern. Einen langfristigen Weg aus den Schulden vermag er nicht zu weisen.