Wahlprogramme im Vergleich: Inneres und Sicherheit

Stand: 25.04.2012, 06:00 Uhr

Welche Aufgaben und Befugnisse kommt den Ermittlungsbehörden zu? Wie sollen Justiz und Strafvollzug aussehen? Vor allem der Verfassungsschutz ist Thema der meisten Wahlprogramme. SPD und Grüne wollen die Behörde besser kontrollieren, die Linke will sie sogar ganz auflösen.

SPD: Verfassungsschutz reformieren, NPD verbieten

Das Logo der SPD NRW

Die SPD verweist in ihrem Wahlprogramm beim Thema Sicherheit auf die Wichtigkeit der personellen Ausstattung. Deshalb habe man die Ausbildungskapazität der Polizei um 300 Stellen auf 1.400 erhöht und 200 zusätzliche Stellen für den Strafvollzug geschaffen. Aus der Katastrophe bei der Duisburger Loveparade habe man die Konsequenz gezogen, dass das Wort von Polizei und Feuerwehr nun schon im Vorfeld großer Veranstaltungen starkes Gewicht fände. Weiter von großer Bedeutung für das Sicherheitskonzept der SPD seien Präventionsprogramme wie "Riegel vor" zur Vermeidung von Einbrüchen sowie "Kurve kriegen", das gegen Jugendkriminalität gerichtet ist. Zur Bewältigung der Jugendgewalt- und Intensivkriminalität bedürfe es zudem "der intensiven Zusammenarbeit mit den Kommunen und einer Vernetzung aller an der Jugendkriminalprävention und am Jugendstrafverfahren beteiligten Einrichtungen".

Die SPD setzt sich für ein NPD-Verbot ein, das man über den Bundesrat gemeinsam mit dem Bund rechtssicher umsetzen will. Aussteigerprogramme für die rechte Szene sollen weiter angeboten werden. Der Verfassungsschutz soll so reformiert werden, "dass seine Tätigkeit gegenüber dem Parlament transparenter wird". Der Justizvollzug in NRW "muss sicher und effizienter sein", heißt es im Wahlprogramm. Gefangene müssten im Strafvollzug "geeignet auf die Zeit nach ihrer Entlassung vorbereitet werden". Das in der Verfassung verankerte Resozialisierungsgebot soll im Rahmen eines neuen Strafvollzugsgesetzes umgesetzt werden.

CDU: Polizisten auf die Straße, nicht hinter den Schreibtisch

Das Logo der CDU als große Pappbuchstaben

Nach Ansicht der CDU gibt es derzeit zu viele Führungs-, Stabs- und Innendienststellen bei der Polizei in NRW. Polizisten gehörten aber laut Wahlprogramm "auf die Straße und nicht hinter den Schreibtisch". Dort würden keine Verbrechen, sondern Aktenberge bekämpft. Deshalb solle sich die Polizei wieder verstärkt ihren Aufgaben "Strafverfolgung, Gefahrenabwehr und Kriminalprävention" widmen. Gerade in Zeiten angespannter Haushalte sei eine solche Aufgabenkonzentration notwendig, heißt es im Programm.

Die Menschen in NRW erwarteten zu Recht, "dass der Staat die Bevölkerung wirksam vor Straftätern schützt und die Strafverfolgung entschlossen betreibt". Beides sei laut CDU unter rot-grüner Regierungsverantwortung misslungen. Auch in den nordrhein-westfälischen Strafvollzug müsse "endlich wieder Ruhe und Ordnung einkehren", so das Wahlprogramm. Dieser sei "durch eine beispiellose Pannen- und Ausbruchsserie bundesweit in Verruf geraten". Die CDU will dafür sorgen, dass die Bevölkerung durch eine sichere Unterbringung der Gefangenen geschützt wird.

Bündnis 90/Die Grünen: Landesprogramm gegen Rechts einrichten

Bündnis 90 die Grünen auf einer Flagge

Für die Grünen kommt der Polizei eine herausgehobene Rolle beim Schutz der Bürgerrechte zu, da sie durch ihre Präsenz und durch die unmittelbare Ausübung staatlicher Gewalt in besonderer Verantwortung stünde. Die Polizei sei Garant für den Schutz der Grund- und Freiheitsrechte der Menschen, heißt es im Wahlprogramm.  Dennoch komme es oft auch zu Konflikten im Umgang miteinander. Eine rechtsstaatlich organisierte Polizei müsse sich daher auch offener Kritik stellen: "Wir wollen wirksame Mechanismen entwickeln, welche die Ausbildung und Organisation optimieren, Konflikten vorbeugen und Bürgerinnen- und Bürgerrechte gegenüber polizeilichen Maßnahmen stärken", so das Programm.

Die Aufarbeitung der rechtsterroristischen Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrundes" muss nach Ansicht der Grünen auch im Landtag weiter erfolgen. Dort müsse man sich kritisch mit den Aufgaben und Befugnissen des Verfassungsschutzes sowie dem Einsatz von V-Leuten auseinandersetzen. Zudem will die Partei "spezialisierte Beratungsstellen für Opfer rechter und rassistischer Gewalt" einrichten. Auch soll ein umfassendes Landesprogramm gegen Rechtsextremismus aufgelegt werden. Zivilgesellschaftliche Initiativen gegen Rechtsextremismus sollen mit Fördermitteln unterstützt werden.

FDP: Bestehende Gesetze konsequent durchsetzen

FDP-Fahne

Die FDP definiert sich in ihrem Wahlprogramm als "Partei der Freiheit, die für eine offene Gesellschaft eintritt, in der der Staat Regeln setzt, aber die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Lebensführung in Ruhe lässt". Gleichzeitig müsse der Staat Rahmenbedingungen schaffen, damit sich die Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit frei entfalten könnten.

"Die FDP setzt sich anders als die rot-grüne Landesregierung für die Bürgerrechte ein", heißt es im liberalen Wahlprogramm: "Wir wollen nicht, dass von allen Menschen ohne Anlass ein halbes Jahr lang gespeichert wird, mit wem sie wann und wie lange telefoniert haben und wer ihnen eine SMS oder E-Mail geschickt hat und wann und welche Internetseiten sie besucht haben." Bestehende Gesetze sollten konsequent durchgesetzt werden statt immer neue Gesetze zu schaffen.

Die Linke: Verfassungsschutz auflösen, Vermummungsverbot aufheben

Logo Die Linke auf einer Flagge

Die Linke setzt sich in ihrem Wahlprogramm für eine bessere personelle Ausstattung der Gerichte, "insbesondere der Sozial- und Arbeitsgerichte", ein. Außerdem soll mehr Personal zur Verfolgung von Wirtschaftskriminalität und Steuerhinterziehung eingestellt werden. Laut Wahlprogramm soll "Bagatellkriminalität" wie Schwarzfahren oder der Diebstahl geringwertiger Sachen auch im Wiederholungsfall nicht mit Freiheitsstrafen geahndet werden. Generell, so die Forderung, sollten "Haftvermeidungs- und Haftverkürzungsprojekte" ausgebaut und mehr Aufschub- und Bewährungsstrafen anstatt Freiheitsstrafen verhängt werden. Die Zahl der Haftplätze solle sich nicht erhöhen, statt Jugendgefängnisse zu bauen, will die Linke mehr finanzielle Mittel zur Prävention und für die Jugendarbeit bereitstellen. Das Ziel der Linken, "menschenwürdige Lebensbedingungen für Gefangene zu schaffen", soll laut Programm durch die Einstellung von zusätzlichen Sozialarbeitern, Bewährungshelfern und Vollzugsbeamten erreicht werden.

Das Landesamt für Verfassungsschutz wird laut Linken-Wahlprogramm "dem ihm zugewiesenen Auftrag, Gefahren für die Demokratie abzuwehren, nicht gerecht". Das Amt beweise immer wieder, dass es auf dem rechten Auge blind sei und politische Kampagnen gegen Die Linke unterstütze. Zudem sei die demokratische Kontrolle des Amtes unzureichend. Deshalb fordert die Linke, den Verfassungsschutz aufzulösen. Das Versammlungsrecht soll nach Ansicht der Partei "deutlich freier und demokratischer" gestaltet werden. Anmeldepflichten und Auflagen sollen auf ein Minimum reduziert, das Vermummungsverbot aufgehoben werden. Die "anlasslose Videoaufzeichnung" bei Demonstrationen soll verboten werden, für Polizisten im Dienst soll eine namentliche Kennzeichnungspflicht gelten.

Piratenpartei: Polizeibeauftragten im Landtag einrichten

Logo der Piraten Partei auf einer Flagge

Die Piratenpartei will die Kontrolle und Transparenz des Verfassungsschutzes so weit erhöhen, wie es im Rahmen der Handlungsfähigkeit der Behörde möglich ist. Jede Tätigkeit des Verfassungsschutzes, die potenziell die Grundrechte verletzt, soll noch vor ihrer Umsetzung dem Kontrollgremium gemeldet und spätestens drei Monate nach ihrem Abschluss vom Parlament kontrolliert werden. Eine Ausweitung von Überwachungstätigkeiten im Internet lehnen die Piraten in ihrem Wahlprogramm ab: "Eine virtuelle Streife, die mehr als die von den Nutzern für das gesamte Internet veröffentlichten Daten einsieht, stellt eine Übertretung der Privatsphäre dar. Das Hausrecht ist auch im Internet zu beachten."

Den Ausbau der öffentlichen Beobachtung und Überwachung durch Kameras lehnen die Piraten strikt ab. Das Gefühl, durch Kameras beobachtet zu werden, vermittle keine Sicherheit, sondern schränke die persönliche Freiheit ein. "Statt technischer Mittel wollen wir eine höhere Präsenz von Polizei- und Ordnungskräften an potenziellen Kriminalitätsbrennpunkten", so das Wahlprogramm. Auch bei Demonstrationen sollen Kameras nicht allgemein und präventiv eingesetzt werden. Die Erfassung und Speicherung biometrischer Daten ohne Anfangsverdacht lehnt die Piratenpartei kategorisch ab. Analog zum Wehrbeauftragten des Bundestages will die Partei einen Beauftragten des Landtags für die Polizeibehörden des Landes installieren: "Der Polizeibeauftragte soll die Grundrechte schützen, den Landtag bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle über das Polizeiwesen des Landes unterstützen sowie als Eingabe- und Beschwerdestelle für Bürger und Polizeibedienstete dienen."