Jetzt auch noch das: Nicht nur, dass die Stadt Bonn nach der Pleite des Investors nun vermutlich gezwungen ist, den Bau in Eigenregie weiterzuführen, was auch nach Verkäufen von Teilgebäuden ein Risiko von bis zu 250 Millionen Euro bedeutet. Jetzt kommt auch noch heraus, dass das World Conference Center nicht wirtschaftlich betrieben werden kann. Das geht aus einer streng vertraulichen Vorlage an den Stadtrat hervor, die WDR.de einsehen konnte. Die Stadt hat sie bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Auftrag gegeben.
Zum Weiterbau verurteilt
Der Rat muss am kommenden Donnerstag (08.07.2010) entscheiden, wie es mit dem Skandalbau weitergehen soll. Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD) wird vorschlagen, dass Bonn den Bau auf eigene Kosten weiterführt. Der Rat wird dem vermutlich zustimmen, denn es gibt kaum eine Alternative. Für einen Abriss ist der Bau schon zu weit fortgeschritten. Über 150 Millionen Euro sind bereits ausgegeben. Der Weiterbau wird für die klamme Bonner Stadtkasse ist aber eine Herkulesaufgabe. Die streng vertrauliche Vorlage schildert nämlich auch, dass die Kosten für die Fertigstellung des WCCB bei bis zu 120 Millionen Euro liegen können. Ein Rekordwert, denn bisher gingen die Verantwortlichen von rund 70 Millionen Euro aus. Dadurch, so wird in der Vorlage errechnet, wird das WCCB einen so genannten negativen Ertragswert von mindestens 3,1 Millionen Euro im Jahr haben.
Wer will ein unrentables Bauwerk kaufen?
Übersetzt heißt das, jedes Jahr wird das WCCB 3,1 Millionen Euro Defizit anhäufen - gerechnet auf mehrere Jahrzehnte. Die Stadt Bonn plant, das Konferenzzentrum - wenn möglich - nach Fertigstellung zu verkaufen. Ein Weiterverkauf ist allerdings nach Vorlage des neuesten Zahlenwerks sehr unrealistisch. Wer kauft ein Kongreßzentrum, das jährlich ein Millionendefizit erwirtschaftet, fragen Ratspolitiker von Grünen, CDU und Bürger-Bund besorgt. Der Steuerzahlerbund kritisiert, das WCCB sei völlig aus dem Ruder gelaufen. Kommunen seien bei Großprojekten offensichtlich total überfordert. Das habe sich auch beim Bau der Nord-Süd-Stadtbahn in Köln gezeigt, sagte Eberhard Kanski vom Steuerzahlerbund WDR.de.
Ermittlungen gegen Ex-Bürgermeisterin
Beim Bau des Prestigeobjekts WCCB ist es zu massiven Unregelmäßigkeiten gekommen. Seit über einem Jahr erfährt die Bevölkerung in Bonn fast täglich neue schockierende Details. Zunächst war die Bausumme mit 70 Millionen Euro errechnet worden. Dann gingen Schätzungen vom Doppelten, schließlich vom Dreifachen aus. Inzwischen liegen sie noch höher. Wegen Bestechung, Betrugs und Untreue ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen zwölf Beschuldigte, darunter sechs ehemalige und aktive städtische Mitarbeiter. Auch die ehemalige Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann ist ins Visier der Ermittler geraten. Der jetzigen Präsidentin der Welthungerhilfe wird Untreue vorgeworfen. Sie soll von der Schieflage des Investors frühzeitig erfahren haben, ohne den Rat darüber zu informieren. Der gab dann - offenbar in Unkenntnis der wahren Situation - weitere 30 Millionen Euro Steuergelder frei.
Seitdem die Investoren im September 2009 Insolvenz anmelden mussten, ruht der Bau. Ratspolitiker rechnen vor, dass sich allein die Stillstandskosten auf über zwei Millionen Euro monatlich belaufen. Ein Weiterbau kann nach Prognosen des jetzigen Oberbürgermeisters Nimptsch frühestens zum Jahreswechsel beginnen. Wenn die Stadt den Bau weiter betreibt, muss sie zunächst alle Aufträge neu ausschreiben.