Stefan Ortseifen, ehemaliger Chef der IKB, im Gerichtssaal (Archivbild vom März 2010)

Bewährungsstrafe wegen Marktpreismanipulation

Ex-Chef der IKB verurteilt

Stand: 14.07.2010, 14:16 Uhr

Zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe wegen Marktpreismanipulation ist am Mittwoch (14.07.2010) Stefan Ortseifen, ehemaliger Chef der IKB, durch das Landgericht Düsseldorf verurteilt worden. Sein Anwalt will Revision einlegen.

Von Lars Hering

Mit dem Ex-Chef der IKB, Stefan Ortseifen, ist der erste deutsche Spitzenbanker im Zusammenhang mit der Finanzkrise verurteilt worden. Das Landgericht Düsseldorf sah es am Mittwoch (14.07.2010) als erwiesen an, dass er die Lage der IKB kurz vor deren Milliarden-Desaster in einer Pressemitteilung im Juli 2007 irreführend beschönigt hatte. Dass damit die Finanzmarktkrise teilweise aufgearbeitet wurde und Ortseifen als einer der Schuldigen feststeht, wollte die Vorsitzende Richterin Brigitte Koppenhöfer so nicht verstanden wissen. "Die Richterin hatte zu Beginn darauf hingewiesen, dass es bei diesem Prozess nicht um die Finanzmarktkrise und die Rolle von Ratingagenturen oder Banken in diesem Zusammenhang geht. Es geht lediglich darum, ob der Angeklagte mit einer Pressemitteilung den Tatbestand der Marktpreismanipulation erfüllt hatte", sagte der Pressesprecher des Düsseldorfer Landgerichts, Peter Schütz, zu WDR.de.

Auch Staatsanwalt Nils Bußee wollte das Urteil so nicht gedeutet sehen. Seinem Antrag war das Gericht gefolgt. Bußee betonte, dass lediglich IKB-Anleger, die durch Ortseifen um ihr Geld gebracht worden seien, jetzt Gewissheit hätten. "Die Anleger haben nun eine gewisse Genugtuung, dass Herr Ortseifen als Verantwortlicher verurteilt wurde", sagte Bußee.

Rettungsschirm von zehn Milliarden Euro

Kern des Marktmanipulationsvorwurfs: Ortseifen hatte in seiner Pressemitteilung vom 20.07.2007 erklärt, dass die IKB nur geringfügig betroffen sei von der damaligen Subprime-Krise - Wertpapiere, die auf zweitklassigen US-Immobilienkrediten beruhten, waren wertlos geworden. Viele Anleger hatten daraufhin vertrauensvoll IKB-Aktien gekauft. Doch dann fielen die Kurse ins Bodenlose - und die Anleger verloren viel Geld. Denn tatsächlich hatte die IKB über zwei Zweckgesellschaften Wertpapiere in Höhe von 13,9 Milliarden Euro aus diesem Bereich angehäuft. Für deren Verbindlichkeiten musste sie letztlich einstehen.

Nach dem Zusammenbruch dieses Marktes stand die Bank deshalb kurze Zeit später wegen hoher Verluste ihrer Zweckgesellschaften fast vor dem Aus. Erst durch einen zehn Milliarden Euro-Rettungsschirm ihrer damaligen Hauptaktionärin, der staatlichen Förderbank KfW, des Bundes und privater Banken wurde die IKB wieder liquide und gerettet. Doch das blieb nicht ohne Folgen: Die einst solide Bank wurde an den Finanzinvestor Lone Star verkauft. Die Verluste übernahm die KfW - und damit letztlich der Steuerzahler.

Ortseifen hatte die Pressemitteilung ändern lassen

Eine Stunde führte das Gericht aus, weshalb die fragliche Pressemitteilung vorsätzlich irreführende Angaben enthalte - und warum Ortseifen als Verantwortlicher feststehe. Der Ex-Chef der IKB, so das Gericht, habe den damals sinkenden IKB-Aktienkurs stoppen wollen. "Da der Angeklagte sich nicht vom Markt treiben lassen wollte, entschied er sich für eine beruhigende Pressemitteilung", sagte Richterin Koppenhöfer. Ortseifen habe darin die Lage der Bank und deren Risiken aus US-Hypothekengeschäften bewusst verharmlosend dargestellt.

Anhaltspunkt dafür, dass Ortseifen die schlechte Lage der IKB verschleiert hatte, war die Entstehungsgeschichte der Pressemitteilung. Denn in einem Vorentwurf waren die Zweckgesellschaften noch überhaupt nicht erwähnt worden. Sie hatten zu diesem Zeitpunkt bereits einen Fehlbetrag im dreistelligen Millionenbereich. "Weil Fragen nach dem Engagement der Zweckgesellschaften zu erwarten waren, sollten sie auch in der Pressemitteilung auftauchen", sagte Staatsanwalt Bußee. Das habe Ortseifen so angeordnet, um unbequemen Nachfragen auszuweichen. In der Endfassung der Pressemitteilung war schließlich zu lesen, dass die Subprime-Krise "praktisch keine Auswirkungen" auf eine Tochterfirma - die wiederum im Zusammenhang mit den Zweckgesellschaften zu sehen ist - haben würde. Das Gericht zog daraus den Schluss: "Durch die Pressemitteilung entstand der Eindruck, dass die IKB mit ihrem Geflecht von Firmen insgesamt nur mit einem einstelligen Millionenbetrag betroffen sein könnte", sagte Peter Schütz, Sprecher des Landgerichts.

Diese Mitteilung sei wie eine Entwarnung gewesen, so das Gericht. Und Ortseifen bekam, was er beabsichtigt hatte. "Der Aktienkurs stieg gegen den Trend", sagte die Richterin. Denn Anleger stürzten sich im Vertrauen auf Ortseifen auf die Aktien - und wurden bitter enttäuscht, weil ihr Wert nur wenig später sank.

Verteidiger: "Ein krasses Fehlurteil"

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ortseifens Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert. Anwalt Reinhard Freiherr von Dalwigk kündigte kurz nach dem Urteil bereits an, Revision einzulegen. "Das ist ein krasses Fehlurteil", sagte der Verteidiger.