Fracking, Gelände

Kommunen wehren sich gegen Erdgas-Suche

Ein münsterländer Netz gegen Fracking

Stand: 11.05.2011, 06:00 Uhr

Der Streit um das "Fracking" reißt nicht ab. Am Mittwoch (11.05.2011) beschäftigt sich der NRW-Umweltausschuss erneut mit der Erdgas-Suche im Münsterland. Kommunen dort klagen über Fehlinformationen und Verschleierung - und organisieren sich im Netz.

Von Insa Moog

Ist es "typisch deutsch", dass sich Anwohner gegen lokale Großprojekte wehren? "Kritiker werfen uns vor, dass es in Deutschland eine Mentalität gegen den Fortschritt gäbe", heißt es im ersten Blogeintrag vom 17. November 2010 auf der Seite gegen-gasbohren.de. Dabei sei man ja gar nicht grundsätzlich gegen Erdgasförderung, sondern eben nur gegen die unkonventionelle Gewinnung des fossilen Rohstoffes. Beim sogenannten "Hydraulic Fracking" oder kurz "Fracking" handelt es sich um ein umstrittenes Verfahren für die Gewinnung von in Gestein eingeschlossenen Erdgasvorkommen ("unkonventionelles Gasvorkommen"). Dabei werden Chemikalien, Wasser und Sand mit hohem Druck in die Erde gepumpt, bis im Gestein Risse entstehen. Das Erdgas wird freigesetzt und kann nach oben befördert werden. Kritiker mahnen an, dass über die entstandenen Risse aber auch die eingesetzten Chemikalien oder das Gas selbst ins Grundwasser gelangen könnten.

Offen Kritik äußern derzeit vor allem die, die sich unmittelbar bedroht fühlen. Jene Menschen im Münsterland, die in der Nähe von potentiellen Erdgas-Abbau-Gebieten leben. "Gegen Gasbohren" vereint dabei neun Interessensgemeinschaften aus NRW, die ein Szenario fürchten, bei dem "im ganzen Münsterland alle 2-3 km eine Bohrstelle entsteht und eine sehr hohe Trinkwassermenge verschmutzt wird".

Unklarheit ist groß

Probebohrungen betrachte man schon als ersten Spatenstich für das sogenannte "Hydraulic Fracking", und die sind für große Teile Nordrhein-Westfalens bereits genehmigt worden. Ohne dass die Öffentlichkeit informiert wurde. Genehmigt hatte die Bezirksregierung Arnsberg im März 2009 auch die Anwendung des Fracking-Verfahrens für Probebohrungen bei Minden. Das wusste offenbar nicht einmal NRW-Wirtschaftsminister Harry K. Voigtsberger, wie er Anfang Mai (04.05.2011) einräumen musste. Dass nun schon seit Monaten Bürgerbewegungen im Netz mobil machen und Aufklärung und mehr Transparenz fordern, wundert da wenig.

Für den Fall einer Förderung fordern die Aktivisten von "Gegen Gasbohren" daher die "strikte Einhaltung der in Deutschland geltenden Umweltstandards" bei der unkonventionellen Erdgasförderung und keine Maßnahmen allein auf Basis der "wenig restriktiven Umweltstandards des Bergrechts". Weiter liegt ihnen am Ausschluss von Grundwasser gefährdenden Substanzen und an einer Erklärung, "wie die fachgerechte Entsorgung des Frackwassers erfolgen soll". Es folgt eine Auflistung der "größten Risiken". Unter der Rubrik "Termine" wird über die nächsten relevanten Veranstaltungen informiert: ein Vortrag zum Thema "unkonventionelles Erdgas", Treffen mit Vertretern verschiedener Parteien, Zusammenkünfte der einzelnen Initiativen. Auf der Startseite verlinkt ist außerdem die Online-Petition "Stopp Fracking". 4.022 haben bereits mitgezeichnet (Stand: 10.05.2011).

Sammeln, Informieren, Fragen klären

Auf dem Facebook-Ableger "Stop Fracking!" haben bisher 590 Personen auf "gefällt mir" geklickt. Sie nutzen das Angebot, in dem Online-Artikel lokaler Zeitungen, aber auch Interviews mit Landtagsabeordneten per Youtube-Clip gepostet werden. Dort werden Fragen gestellt und beantwortet und über neueste Entwicklungen berichtet. Wo findet sich eine Übersicht der geplanten Bohrungen?

Wasserversorger gegen Fracking

Ebenfalls auf Facebook hat der lokale Wasserversorger Gelsenwasser aus Gelsenkirchen eine Umfrage gestartet, Titel der Page "NRW gegen Fracking", dort sorgt man sich "um das Lebensmittel Nr. 1 - das Trinkwasser". Für großes Interesse hat die integrierte User-Umfrage zum Thema Fracking allerdings noch nicht gesorgt. Gerade einmal zwei User haben ihre Stimme abgegeben für die Antwortmöglichkeit c): "Wir sollten warten, bis eine bessere umweltschonendere Technik existiert."

Auch die Facebook-Seite "Deutsche Bürger gegen Fracking" hat mit gerade einmal 14 "Fans" noch nicht für die gewünschte Aufmerksamkeit gesorgt. Die "Online-Petition gegen Fracking in Deutschland" ist auch auf Facebook, gefunden hat sie dort laut Statistik bisher 134 Befürworter.

Auch im Netz bleibt Regionales regional

Die anstehenden Gasbohrungen sind ebenfalls Thema in eigens eingerichteten Blogs. Auf knppr.de wird ein Blog zur Gasbohrung geführt. Betreiber Markus Knäpper liefert dort seine "Eindrücke, Einschätzungen und Kommentare", war allerdings zuletzt im Februar 2011 aktiv und stellte dabei die Aufzeichnung des "WDR 5 Stadtgespächs" vom 15. Februar als Download bereit. Thema auch dort: der Interessenskonflikt zwischen dem im Münsterland aktiven Erdgaskonzern ExxonMobil und den Kommunen. Zuletzt in einem Eintrag Ende November 2010 äußerte sich Ruhrbaron-Blogger Stefan Laurin ausführlicher zum Erdgas-Vorkommen in NRW und bilanziert: "Ein schöne Option für die Zukunft - und das auch nur, wenn es gelingt, die Bürger von der Sicherheit der Abbauverfahren zu überzeugen."

Im deutschsprachigen Twitter-Raum ist unter dem Hashtag #Fracking bislang kaum nennenswerte Aktivität zu verzeichnen. Auf dem Portal Gegen-Gasbohren.de sind die betroffenen münsterländer Kommunen zweifellos am besten vernetzt. Mit dem Begriff "Fracking" beschäftigen sich überregional aber offenbar wenige. Auch im Netz bleibt so manches Thema regional.