"Ich hoffe, dass solche Entscheidungen angefochten werden, damit höhere Gerichte für Klarheit sorgen können." So äußerte sich der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Richterbundes in Nordrhein-Westfalen, Reiner Lindemann, am Mittwoch (08.11.2006) in Moers. Er wies darauf hin, dass in vielen Gerichtssälen auch Kreuze hingen, die ebenfalls "eindeutig religiöse Äußerungen" seien.
Nach Angaben des NRW-Justizministeriums ist es Sache der Richter, in jedem Einzelfall zu entscheiden, ob die Neutralität des Gerichts durch ein Kopftuch gefährdet wird. "Von uns aus gibt es keinen Anlass, einzugreifen. Wir können und wollen keine Vorgaben machen", sagte ein Sprecher in Düsseldorf.
Kopftuch mit Objektivität des Richteramtes nicht vereinbar?
Ein Vorsitzender Richter des Dortmunder Landgerichts hatte die islamische Laienrichterin am Dienstag von der Sitzung seiner Strafkammer ausgeschlossen. Das Kopftuch sei Ausdruck einer bestimmten Weltanschauung und daher mit der Objektivität und Neutralität des Richteramts nicht vereinbar, hieß es zur Begründung.
Die ehrenamtliche Richterin hatte sich zu Beginn der Sitzung geweigert, das Kopftuch für die Dauer der Verhandlung abzunehmen. Sie wurde anschließend in dem Betrugsprozess durch einen Ersatz-Schöffen vertreten. Nach Angaben der "Westfälischen Rundschau" prüft die Schöffin nun, gegen ihren Ausschluss rechtlich vorzugehen.
Bielefelder Gericht: Grundsätzlicher Ausschluss schwierig
Ein ähnlicher Fall hatte sich im Februar in Bielefeld ereignet. Dort hatte eine Richterin ebenfalls das Neutralitätsgebot des Gerichts durch das Kopftuch einer Schöffin gefährdet gesehen. Da die Schöffin daraufhin von sich aus den Saal verlassen habe, sei kein Beschluss des Gerichts ergangen, sagte ein Gerichtssprecher des Bielefelder Landgerichts am Mittwoch. Die Frau werde aber nach wie vor auf der Liste der Ersatzschöffen des Gerichts geführt. Ein grundsätzlicher Ausschluss sei mit Blick auf das Gerichtsverfassungsgesetz rechtlich problematisch.