Vor einem Jahr hatte Maren Neumann nach gründlicher Abwägung eine Entscheidung getroffen: Die damals 19-jährige Abiturientin aus Mülheim an der Ruhr wollte zunächst ein Jahr lang freiwillig Wehrdienst leisten, um für sich herauszufinden, ob die Bundeswehr für sie das Richtige ist. Damals sagte sie: "Man hat gute Karrierechancen. Es gibt gute Verdienstmöglichkeiten. Aber auf der anderen Seite kann es durchaus sein, dass man nach der Grundausbildung in einen Auslandseinsatz kommt." Ingenieurwissenschaften wollte sie studieren - lieber bequem bei der Bundeswehr mit Gehalt und freier Kost und Logis statt an einer freien Universität.
Maren Neumann gehört zu den 7.800 freiwillig Wehrdienstleistenden, die 2011 begonnen haben. Nur sieben Prozent der Freiwilligen sind Frauen.
Maren Neumann bleibt beim Bund
Der Beginn ihrer Grundausbildung war für die mittlerweile 20-jährige Abiturientin "ein Kulturschock". Sie habe keine Ahnung gehabt, was auf sie zukommen würde. "Dort habe ich viele Respekt einflößende Menschen in Grün getroffen: unsere Ausbilder." Doch davon hat sich Maren Neumann nicht von ihrem Ziel abbringen lassen.
Inzwischen hat sie sich für 14 Jahre als Zeitsoldatin verpflichtet. "Ich werde jetzt die Offizierslaufbahn einschlagen und ein Mechatronikstudium im Maschinenbaubereich ablegen." An der Bundeswehruniversität in Hamburg wird sie sich ganz auf ihr Studium konzentrieren.
Die Bundeswehr hat Maren Neumann verändert
Nicht jeder Freiwillige hat es wie Maren Neumann bei der Bundeswehr ausgehalten. 25 Prozent der Freiwilligen sind in 2012 bereits wieder abgesprungen. Einige von Maren Neumanns Kameraden haben einen Ausbildungsplatz oder ein gutes Jobangebot erhalten. Andere sind, so die 20-Jährige, wohl einfach nicht damit zurechtgekommen, Befehlsempfänger zu sein. "Wenn man morgens um 5 Uhr aufsteht, sich innerhalb von fünf Minuten eben schnell fertigmacht und dann zum Frühsport antritt, dann ist das nicht unbedingt jedermanns Sache", so Neumann.
Die Offiziersanwärterin hatte damit aber keine Probleme. Genauso wenig, wie damit, dass sie in ihrer Einheit die einzige Frau ist: "Ich bin genauso Soldat wie jeder andere und mir wird der gleiche Respekt entgegen gebracht."
Neun Monate bei der Bundeswehr haben sie verändert, meint Neumann: "Die Disziplinierung, der Ordnungszwang - das verändert einen. Ich bin jetzt fünf Tage die Woche in der Kaserne und habe deshalb auch nicht mehr so viel Kontakt zu meinen alten Freunden. Stattdessen haben sich neue Freundschaften mit Kameraden ergeben."
Die möglichen Auslandseinsätze sieht sie jetzt mit weniger Angst als vor einem Jahr. "Sprengfallen sind eine konstant währende Bedrohung, gerade in Afghanistan. Aber ich kann noch gar nicht sagen, was mich erwartet. In meiner Ausbildung werde ich erst noch darauf vorbereitet", sagt Neumann.
Eltern fürchten Auslandseinsätze ihrer Tochter
Für Neumanns Eltern und ihren jüngerer Bruder ist es schwierig zu begreifen, dass sich die 20-Jährige für die Bundeswehr entschieden hat. Jonathan Neumann, ihr 17-jähriger Bruder, hat überhaupt kein Verständnis für die Berufswahl seiner Schwester: "Sie hat Abitur. Damit hätte sie in der freien Wirtschaft viel bessere Karrierechancen." Mutter Sabine Neumann sagt: "Ich habe gehofft, dass sie dieses Auswahlverfahren nicht besteht. Man denkt zuerst an die Auslandseinsätze. Heute bin ich aber ziemlich stolz, dass sie es geschafft hat und glaube, sie wird dort ihre Frau stehen. Die Tür zu Hause steht aber immer für sie offen."