Der 25-jährige US-Amerikaner John Isner ist ein bemerkenswerter Mann. Vielleicht wird er dereinst als einziger Tennisspieler mit abgeschlossenem Sprachwissenschaftsstudium in die Annalen des Profisports eingehen. Oder als zweitgrößter Spieler in der Riege der "Association of Tennis Professionals" (ATP) aller Zeiten. Tennisgeschichte hat der Zweimetermann ohnehin längst geschrieben.
Am 24. Juni 2010 beendet Isner mit einem Matchball gegen den Franzosen Nicolas Mahut beim Grand-Slam-Turnier in Wimbledon das längste Tennismatch der Geschichte – nach drei Tagen und insgesamt über elf Stunden reiner Spielzeit.
Völlig normal am ersten Tag
Als Isner und Mahut am 22. Juni 2010 um kurz nach 18 Uhr den abseits gelegenen Platz 18 zum Erstrundenspiel betreten, deutet noch nichts auf eine Sensation hin. Der US-Amerikaner startet als gesetzter Spieler auf Weltranglistenplatz 19 ins Turnier, Mahut, 149. der Weltrangliste, hat sich zuvor gegen drei andere Spieler durchgesetzt. "Für mich begann das Spiel wie immer", wird sich Mahut später erinnern. "Er hat gut aufgeschlagen, ich auch. Wir waren etwa gleich stark, nichts Ungewöhnliches". Und Isner sagt: "Am ersten Tag war es ein völlig normales Match."
Nach drei Stunden muss Schiedsrichter Mohamed Lahyani die Partie wegen Dunkelheit nach 2:2 in Sätzen abbrechen. Am nächsten Tag um 14 Uhr geht es für die Kontrahenten weiter. Auch hier läuft zunächst alles ganz normal – bis zum entscheidenden fünften Satz. Schon vor der Partie waren Isner und Mahut als herausragende Aufschläger bekannt, aber jetzt servieren sie Stunde um Stunde, ein Ass folgt auf das nächste. Schließlich steht es im fünften Satz 6:6 – und in Wimbledon wird so lange weitergespielt werden, bis ein Spieler mit zwei Punkten Unterschied gewonnen hat.
Publikum: "We want more, we want more!"
Also machen John Isner und Nicolas Mahut weiter. Beide lassen sich die Müdigkeit nicht anmerken, stehen aber kurz vor dem Zusammenbruch – wie die Anzeigetafel, die beim Stand von 47:47 den Geist aufgibt. Schiedsrichter Lahyani hingegen lässt noch bis zum 59:59 weiterspielen. Dann ist es endgültig zu dunkel. "We want more, we want more!", skandiert das Publikum.
Am dritten Spieltag ist Platz 18 endgültig das Zentrum der Tenniswelt. Sogar John McEnroe, einer der größten Spieler aller Zeiten, will auf die Tribüne, um - wie er sagt - "den beiden meinen Respekt zu zollen" – und hat Schwierigkeiten, einen Platz zu ergattern. Knapp zwei Stunden später ist nach einem verwandelten Matchball von Isner mit 70:68 nach elf Stunden und fünf Minuten endgültig Schluss. Der lächerliche bisherige Rekord von sechseinhalb Stunden für das längste Tennisturnier ist eingestellt.
In der zweiten Runde muss sich John Isner nach nur 74 Minuten gegen den Holländer Thiemo de Bakker geschlagen geben. Er ist nach drei Sätzen stehend K.o.
Stand: 22.06.2015
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