Tanklaster-Bombardement in Kundus

4. September 2009 - Tanklaster-Bombardement in Kundus

Stand: 04.09.2019, 00:00 Uhr

Afghanistan, 4. September 2009: An einer Furt des Kundus-Flusses sterben geschätzt 142 Menschen - davon mindestens 91 Zivilisten, unter ihnen viele Kinder und Jugendliche.

Sie sind Opfer eines Bombenangriffs zweier US-Kampfjets unter deutschem Befehl. Kommandeur Oberst Georg Klein sagt später vor dem Bundestags-Untersuchungsausschuss: "Nach meiner damaligen Bewertung war dieser Waffeneinsatz auftragsmäßig erforderlich."

Angriff auf Tanklastzug in Kundus (am 04.09.2009)

WDR 2 Stichtag 04.09.2019 04:13 Min. Verfügbar bis 01.09.2029 WDR 2


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Nur Aufbauhilfe

Seit fast acht Jahren ist die Bundeswehr in Afghanistan - zur Unterstützung der USA nach den Anschlägen vom 11. September. Ziel ist der Sturz der Taliban, die Osama bin Laden und Al-Qaida Unterschlupf bieten.

Die deutschen Soldaten sollen im Rahmen der ISAF-Schutztruppe mit UNO-Mandat nicht kämpfen, sondern Aufbauhilfe leisten.

30.000 Liter Kraftstoff

Brücken, Brunnen und Schulen bauen - das ist 2009 kaum noch möglich. Die Taliban sind auf dem Vormarsch. Am 3. September 2009 entführen sie zwei Tanklastwagen mit 30.000 Litern Kraftstoff.

Während der Flucht bleiben sie auf einer Sandbank stecken. Nach Bundeswehr-Informationen befindet sich dort die gesamte Taliban-Führung des Distrikts.

Zwei Regelverletzungen

Oberst Klein will einen Luftschlag anfordern. US-Kampfflugzeuge kommen aber nur, wenn die Bundeswehr in Kämpfen steckt. Genau das lässt Klein melden - eine Falschangabe und die erste Verletzung der Einsatzregeln.

Die zweite: Klein verlässt sich auf einen einzigen afghanischen Informanten, der zudem nicht vor Ort ist.

Zögernde Piloten

Tatsächlich aber haben die Taliban die Laster inzwischen aufgegeben und verschenken das Benzin. Auf Live-Bildern, die die US-Kampfflugzeuge an die Bundeswehr übermitteln, sind über 100 Menschen zu sehen.

Dass alle Talibankämpfer sind, widerspricht jeder Erfahrung. Die beiden US-Piloten haben Bedenken, die Menge zu bombardieren. Fünf Mal schlagen sie vor, im Tiefflug über die Sandbank zu fliegen, um die Menge zu vertreiben.

Minister entlassen

Fünf Mal lehnt Oberst Klein ab. Als die Bomben einschlagen, sind viele Taliban längst weg - auch ihr Kommandeur.

In Berlin lässt Verteidigungsminister Franz-Josef Jung dementieren, dass Unbeteiligte zu Schaden gekommen sind. Später muss er gehen, weil er die Öffentlichkeit wissentlich falsch informiert hat.

Zum General befördert

Die Bundesregierung zahlt an die Familien von 91 zivilen Opfern je 5.000 Dollar - ausdrücklich ohne Schuldeingeständnis.

Die Bundesanwaltschaft stellt 2010 ein Ermittlungsverfahren gegen Oberst Klein ein. 2013 wird er zum General befördert.

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