Mit Panzerfäusten bewaffnete Mudschaheddin 1992

Stichtag

28. April 1992 - Mudschaheddin übernehmen afghanische Regierung

Afghanistan, 1978: In der Hauptstadt Kabul putschen sich afghanische Kommunisten an die Macht - mit der Unterstützung Moskaus. Das Land sei seit der russischen Revolution von 1917 als sowjetisches Einflussgebiet betrachtet worden, sagt Bernd Bonwetsch, ehemaliger Direktor des Deutschen Historischen Instituts in Moskau: "Mit allen Regierungen - mit dem König und dem Daud-Regime und später mit dem revolutionären Regime - hatten sie die besten Beziehungen."

Afghanistan soll ein säkularer sozialistischer Staat werden. Doch die Bevölkerung lehnt die neue Regierung ab, die meisten Einwohner sind traditionell und religiös ausgerichtet. Bald gründen sich Zellen sogenannter Mudschaheddin ("Heilige Krieger"). Aus ihrer Sicht ist das islamische Leben bedroht, der gewaltsame Widerstand beginnt. 1979 marschiert die sowjetische Armee ein. Afghanistan wird zum Schauplatz eines Stellvertreterkrieges zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten.

Die Sowjetarmee zieht ab

Afghanistan ist - als Frontstaat zum Ostblock und als Nachbar von Iran und China - bis heute für die USA von großem strategischen Interesse. "Die Amerikaner haben den Kampf der Afghanen in den 1980er Jahren gegen die Sowjetunion unterstützt", sagt Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. "Damals operierten die USA gemeinsam mit den Saudis, die finanziert haben, und den Pakistanis, die ausgebildet haben, an der Seite der afghanischen Mudschaheddin." Diese haben großen Zulauf, vor allem unter den Ärmsten in den anwachsenden Flüchtlingslagern an der pakistanischen Grenze. Dort üben schon Kinder für den späteren Kampf gegen die sowjetischen Besatzer.

1988 beendet der sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow die Afghanistan-Intervention, die zur Belastung der neuen Entspannungspolitik zwischen Ost und West geworden ist: "Am 1. Januar 1989 wird vollständig und überall das Feuer eingestellt", erklärt Gorbatschow. Für die Sowjetarmee ist es eine Niederlage, 15.000 Soldaten sind gefallen. Auf der Gegenseite starben insgesamt mehr als 200.000 Mudschaheddin-Kämpfer.

Taliban sind in der Gesellschaft verankert

Das sozialistische Regime in Kabul, das weiterhin von der Sowjetunion unterstützt wird, hält sich noch mehr als drei Jahre an der Macht. Erst am 28. April 1992 übernehmen die Mudschaheddin die Regierung. Doch Stabilität bringt dieser Wechsel nicht. "Anfang der 1990er Jahren herrscht in Afghanistan Bürgerkrieg unter all den Mudschaheddin-Gruppierungen, die in den 1980er Jahren mit Hilfe der Pakistanis gegen die Sowjetunion gekämpft haben", sagt Steinberg.

Pakistan stellt die Unterstützung der Mudschaheddin ein, da sie als Alliierte nicht mehr verlässlich sind. Stattdessen entscheidet sich die pakistanische Armeeführung damals, eine neue Bewegung ins Leben zu rufen: die Taliban. Sie erobern bis 1998 - mit dem Versprechen, Rechtsstaatlichkeit einzurichten - fast ganz Afghanistan. Nur die sogenannte Nord-Allianz unter der Führung prominenter Mudschaheddin-Kämpfer hält bis 2001 durch. Dann wendet sich das Blatt: Nach den Anschlägen des 11. Septembers greifen die USA in Afghanistan ein und beseitigen das islamistische Regime. Ihm wird vorgeworfen, den Hintermännern der Attentäter von New York und Washington Unterschlupf zu gewähren. Die Taliban verlieren zwar die staatliche Macht, aber sie sind längst fest in der afghanischen Gesellschaft verankert. "Es wird kaum möglich sein, eine Lösung in Afghanistan zu finden, ohne zumindest Teile dieser Bewegung an der Macht zu beteiligen", sagt Steinberg.

Stand: 28.04.2012

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