WDR-Intendant Tom Buhrow vor dem Paternoster im WDR Funkhaus Köln

1. Juni 2015 - Neue Verordnung für Paternoster-Aufzüge in Kraft

Stand: 01.06.2020, 00:00 Uhr

Wie die Gebetsperlen am Rosenkranz rotieren die offenen Kabinen, links geht es rauf, rechts runter. So kam der Paternoster (lat. "Vater unser") zu seinem Namen. Der weltweite erste Aufzug dieser Art wird 1876 in der Hauptpost von London eingebaut. Anfangs befördert er aber noch keine Personen, sondern nur Pakete.

Paternoster Regeln in Kraft (am 01.06.2015)

WDR 2 Stichtag 01.06.2020 04:14 Min. Verfügbar bis 30.05.2030 WDR 2


Download

In einem Hamburger Kontorhaus kommt 1886 der erste Personen-Umlaufaufzug Deutschlands zum Einsatz; er wird noch mit Dampf betrieben. Die Begeisterung der Hansestädter für die vertikale Rolltreppe aber ist so groß, dass 40 Jahre später mehr als die Hälfte aller 680 Paternoster hierzulande in Hamburg ihre Runden drehen.  

Sicherheit plötzlich zweifelhaft

Die Wendepunkte im Keller und unterm Dach sorgen noch heute bei Einigen für mulmige Gefühle. Doch "niemand muss befürchten, plötzlich auf dem Kopf zu landen", sagt Rudolf Demuth-Schütz, der als WDR-Sicherheitsingenieur auch für den Paternoster im Kölner Funkhaus am Wallrafplatz zuständig ist.

Sängerin Christina Stürmer mit WDR 2 Moderator Jürgen Mayer im Paternoster

Interview mit Sängerin Christina Stürmer im WDR-Paternoster

Alle Kabinen werden von großen Umlenkscheiben gefahrlos waagerecht in die andere Richtung umgesetzt. Nach mehr als 130 Jahren sieht der Gesetzgeber 2014 dann plötzlich dringend Bedarf, die Betriebssicherheit der noch gut 200 "Beamtenbagger" in Behörden, Handels- und Funkhäusern anzuzweifeln.

Die Betriebssicherheitsverordnung wird von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) um einen entscheidenden Risiko-Passus ergänzt. Kurz gefasst besagt er: "Der Arbeitgeber muss dafür sorgen, dass Personenumlaufaufzüge nur von durch ihn eingewiesenen Beschäftigten benutzt werden."

Öffentliche Empörung

Für die historisch bewährte Personenbeförderung bedeutet dies das sichere Aus. Denn jeder Paternoster-Nutzer muss nun zuerst eine "Führerscheinprüfung" mit Risikobelehrung ablegen. Behörden-Kunden, Gäste oder Touristen dürfen gar nicht mehr Paternoster fahren.

Wolfram Stahl, Pressesprecher des TÜV Rheinland, findet die am 1. Juni 2015 in Kraft tretende Verordnung "einfach unglaublich" und wendet sich an die Presse: "Schon am nächsten Tag ging eine Lawine los, der Tenor: Pfoten weg vom Paternoster." Ministerin Nahles reagiert postwendend und erklärt reumütig: "Der Paternoster ist der VW Käfer unter den Aufzügen. Nicht viele fahren ihn, aber viele lieben ihn."

Die eilig erneut geänderte Verordnung verlangt von Arbeitgebern nur noch geeignete Maßnahmen zum Schutz vor einer Gefährdung und ermöglicht damit einen Weiterbetrieb der meisten "Beamtenbagger". Im Paternoster des WDR-Funkhauses dürfen allerdings tatsächlich nur noch Mitarbeiter einsteigen.

Programmtipps:

Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.

Stichtag am 02.06.2020: Vor 100 Jahren: Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki geboren