9. Oktober 1995 - Christiane Nüsslein-Volhard erhält den Medizin-Nobelpreis

Stand: 09.10.2020, 00:00 Uhr

Christiane Nüsslein-Volhard hat eine große wissenschaftliche Liebe: Drosophila melanogaster, die gemeine Taufliege. Sie ist das Haustier der Genetiker, denn sie ist klein, genügsam und leicht zu züchten. Sie überträgt keine Krankheiten und vermehrt sich recht zügig, sodass immer genug Versuchsmaterial im Labor vorhanden ist.

1910 entdeckt der US-Forscher Thomas Hunt Morgan unter seinen Exemplaren "die ersten Mutanten, die geänderte Strukturen in ihrem Körper zeigten", sagt Nüsslein-Volhard. "Und dann hat sich die Fliege als das wunderbarste Objekt der Lehre von der Vererbung erwiesen." Mit Hilfe der Taufliege erhält Nüsslein-Volhard am 9. Oktober 1995 gemeinsam mit Edward B. Lewis und Eric Wieschaus den "Nobelpreis für Physiologie oder Medizin".

Christiane Nüsslein-Volhard erhält Medizin-NP (am 09.10.1995) WDR 2 Stichtag 09.10.2020 04:15 Min. Verfügbar bis 07.10.2030 WDR 2

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Wie baut man Körper?

Geboren wird Nüsslein-Volhard 1942 in Heyrothsberge bei Magdeburg. Als zweites von fünf Kindern lernt sie im Elternhaus jenes Durchsetzungsvermögen, das sie als Biologin und Biochemikerin auszeichnet.

1978 wird sie mit 36 Jahren Forschungsgruppenleiterin am neu gegründeten Europäischen Molekularbiologischen Laboratorium in Heidelberg. Hier baut sie gemeinsam mit Wieschaus ihre Versuchsreihen auf, die auf der Vorarbeit von Lewis basieren.

Korrekte und mutierte Baupläne

Es geht um die Frage, wie aus einer Eizelle die richtige Gestalt entsteht: Wie kommt es, dass sich alles auseinander entwickelt und zum Beispiel der Fuß unten am Körper hängt und nicht oben auf dem Kopf? Über korrekte und mutierte Baupläne gelingt es Nüsslein-Volhard und Wieschaus, die einzelnen Funktionen für den Körperbau genetisch zu isolieren.

1980 kommt der Durchbruch: Es sind vier Substanzen, die in der Eizelle dafür sorgen, dass es bei Lebewesen ein vorne und hinten sowie oben und unten gibt. Diese Erkenntnis bringt ihr zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen ein, so 1986 den Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

Freiheit der Wissenschaft

1985 wird Nüsslein-Volhard Direktorin und Wissenschaftliches Mitglied am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen, wo sie bis 2014 aus Zufriedenheit über die damit verbundenen Freiheiten für ihre Forschung bleibt. Danach bleibt sie dem Institut als Leiterin einer Emeritus-Forschungsgruppe verbunden.

Um auch Nachwuchswissenschaftlerinnen diese Freiheit zu verschaffen, gründet sie eine Stiftung und eine hauseigene Kinderkrippe. Bis heute ist Nüsslein-Volhard die einzige Deutsche, die einen Nobelpreis in den Naturwissenschaften erhalten hat.

Programmtipps:

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 9. Oktober 2020 ebenfalls an die Verleihung des Medizin-Nobelpreises an Christiane Nüsslein-Volhard. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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