Als der Bundesverkehrsminister vorfährt, schießen Raketen in die Luft; aus ihnen segeln, von Fallschirmchen getragen, Hamburger Flaggen herab. Die Hansestadt lässt sich nicht lumpen bei der Eröffnung des teuersten Bauprojekts Norddeutschlands. Tausende Hamburger sitzen an jenem 19. Juni 1968 auf Tribünen, um den ersten Rammschlag mitzuerleben.
Der Neue Elbtunnel ist das noch fehlende Herzstück der Autobahn 7, die Hamburg im Westen durchquert. Bis zu seiner Eröffnung quälen sich täglich rund 110.000 Fahrzeuge über die Elbbrücken, die einzige Möglichkeit zur Stromüberquerung.
"Maulwurf Otto" frisst sich durch Hamburg
Zwar hat Hamburg bereits seit 1911 einen Tunnel, der die Elbe unterquert. Doch Menschen wie Fahrzeuge müssen umständlich über Fahrstühle erst in die Tiefe und dann 400 Meter weiter wieder nach oben befördert werden. Der Neue Elbtunnel mit seinen drei Röhren dagegen ist ganz als Teilstück der Autobahn geplant.
Für die Rampen müssen große Flächen geopfert und Vororte umgebaut werden. Die größte Herausforderung besteht in der Elbunterquerung. In einem ausgepumpten Hafenbecken werden acht fußballfeldgroße und je 46.000 Tonnen schwere Betonkästen gebaut. Sie werden auf die Elbe geschleppt und millimetergenau in einer ausgebaggerten Rinne versenkt.
Dann frisst sich die größte Schildvortriebsmaschine der Welt durch eiszeitliche Erdschichten. Vierzig Meter unter der berühmten Elbchaussee fräst "Maulwurf Otto", wie das Monstrum getauft wird, die über drei Kilometer langen Tunnelröhren Richtung Norden. Ab Othmarschen verläuft die A7 dann obererdig weiter.
Entlastung durch vierte Tunnelröhre
Trotz enormer Probleme, die das Mammutprojekt aufwirft, dauern die Bauarbeiten nur anderthalb Jahre länger als geplant. Auch die Kosten bleiben mit rund 500 Millionen D-Mark gegenüber zuvor geschätzten 380 Millionen im Rahmen. Am 2. Weihnachtstag 1974 wird der Neue Elbtunnel mit einem fünf Tage dauernden Volksfest dem Verkehr übergeben.
Aber der Verkehr nimmt viel rascher zu, als alle Prognosen vorhergesehen hatten. Nach 20 Jahren sind die Kapazitäten des Neuen Elbtunnels ausgereizt; eine vierte Tunnelröhre wird gebaut und 2002 eröffnet. Doch auch die nun achtspurige Autobahn unter der Elbe hat Hamburgs Verkehrsproblem nicht gelöst. Fast täglich stehen die Autofahrer am "Nadelöhr des Nordens" im Stau.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 19. Juni 2018 ebenfalls an den Bau des Neuen Elbtunnels. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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