Aus einer cleveren Idee in kurzer Zeit ein Vermögen machen, davon träumt King Camp Gillette. Sein Chef William Painter hat ihm gezeigt, wie das geht. Der Tüftler hat den Kronkorken erfunden, der die Getränkeindustrie revolutioniert. Seit Jahren reist Gillette als Handelsreisender für Painter durchs Land.
Als Sozialreformer mit utopischen Visionen ist der am 5. Januar 1855 geborene Gillette gescheitert. "The Human Drift", sein 1894 erschienener Entwurf einer genossenschaftlichen Idealgesellschaft, bleibt ungewürdigt. Nun mit Anfang 40 fragt sich Gillette, wie es weitergehen soll.
Vor dem Spiegel fällt der Groschen
Painter rät Gillette, einen Gebrauchsgegenstand zu entwickeln, ein Massenprodukt, das schnell ersetzt und immer neu gekauft werden muss. Monatelang analysiert King Camp Gillette akribisch seinen Alltag, bis eines Morgens 1895 vor dem Spiegel der Groschen fällt.
Die Zeit des Rauschebarts ist inzwischen passé, Vollbärte zieren nur noch gekrönte Häupter oder Revolutionäre. Der moderne Mann trägt Schnurrbart - und muss sich wie eh und je mit einem Messer die Stoppeln aus dem Gesicht schaben. Das kostet Zeit und geht selten ganz unblutig ab.
Mit Expertenhilfe zum Patent
Als sich Gillette an jenem Morgen 1895 wieder einmal beim Rasieren schneidet, platzt ihm der Kragen. Noch am selben Tag entwickelt er die Idee eines handlichen Rasiergeräts mit auswechselbaren Klingen. Aus Uhrfederstahl und Messingblech bastelt er den Prototyp des ersten Nassrasierapparats.
King Camp Gillettes patentierte Rasierklingenbox
An der praktischen Umsetzung aber scheitert Gillette. Erst 1901 gelingt es ihm mit Hilfe des Metallingenieurs William Nickerson, seinen "Safety Razor" zum Patent anzumelden. Der Erfolg bleibt nicht lange aus; 1905 bringt Gillette bereits 90.000 Rasierer und 125.000 Klingen an den Mann; zehn Jahre später sind es schon sieben Millionen.
Gillette geht – der Name bleibt
Mit neuen Investoren erobert King Camp Gillette die Märkte in Nordamerika und Europa; die "Gillette Safety Razor Company" etabliert sich als unangefochtener Weltmarktführer für Nassrasierer. Den Kampf um die Macht im Unternehmen aber verliert Gillette. Nach dem Ersten Weltkrieg zwingen ihn die Anteilseigner zum Rückzug.
Den werbeträchtigen Namen Gillette behält der Konzern bei. Dessen Gründer investiert seine Millionen nun vor allem in Grundstücksgeschäfte. Eine glückliche Hand aber beweist King Camp Gillette nicht. Mit Beginn der Weltwirtschaftskrise gerät er an den Rand des Ruins. Am 9. Juli 1932 stirbt der Erfinder der Rasierklinge in Los Angeles.
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