20.000 Jahre lang schabt sich der Mann mit scharfen Klingen die Haare aus dem Gesicht: zunächst mit scharfen Steinen und Muschelkanten, dann mit Messern aus Kupfer, Bronze, Eisen und Stahl. Die Erfindung der Wegwerfklinge durch King Camp Gilette im 19. Jahrhundert ist ein Meilenstein in der Kulturgeschichte der Rasur. Aber erst ein US-Soldat namens Jacob Schick schafft den Quantensprung: einen elektrisch betriebenen Rasierer, der den Stoppeln mit Hilfe beweglicher Schneiden den Garaus macht. Was vorher nass sein musste und nicht selten blutig war, kann nun trocken und gefahrlos vonstatten gehen. Auch wenn hartnäckige Nassrasierer immer noch anderes behaupten: Eigentlich ist aus dem schlecht rasierten Jäger erst jetzt der aalglatte Büroangestellte von heute geworden.Der Gründungsmythos der Elektrorasur besagt, dass Schick, am Ende des 1. Weltkriegs in Alaska stationiert, nicht mehr jeden Morgen eine Zentimeter dicke Eisdecke aufhacken will, um an das Wasser für seine Nassrasur zu gelangen. Fünf Jahre arbeitet er an einem geeigneten Elektromotor, dann ist der Durchbruch da. Eine noch längere Zeit vertrödelt der junge Mann damit, einen Geldgeber für seine revolutionäre Erfindung zu gewinnen. Niemand will sie haben. Schließlich nimmt Schick eine Hypothek auf sein Haus auf und geht 1931 selbst in Produktion. 3.000 Rasierer verkauft er gleich im ersten Jahr, 1937 hat er in den USA, Kanada und England bereits über zwei Millionen Exemplare abgesetzt.
Heute ist der Elektrorasierer mehr als ein Rodungsgerät für schmerzfreie Kinnhygiene. Heute ist er ein optisches wie akustisches Gesamtkunstwerk. "Um ein Gerät als Ganzes nicht nur hinsichtlich seiner Funktion, sondern auch hinsichtlich seiner gesamten Erscheinung als gut, als optimal darzustellen", sagt Akustik-Ingenieur Hermann Brey von der Firma Braun, "gehört auch das akustische Verhalten und damit das akustische Design dazu." Pratzeln nennen Fachleute den Ton, der entsteht, wenn der Scherkopf auf die Stoppeln trifft. Nur wenn das Pratzeln passt, wird ein Mann sich richtig sauber fühlen. Selbst Kurzsichtigen, die die Reinheit ihres Kinns nicht sehen können, erschließt sich so die Qualität der elektrischen Rasur.
Stand: 18.03.06