Nur wenige Wochen nach der Kapitulation fahren die ersten Kumpels 1945 wieder in die zerbombten Zechen. Mit der Steinkohle werden Wohnungen geheizt, Strom und Stahl produziert. Der "Kohlenpott" gilt als Motor des deutschen Wirtschaftswunders.
Dann gerät der Bergbau völlig unerwartet in die Krise: Ausländische Billigkohle drängt auf den Markt, immer mehr neue Gebäude werden nicht mit Kohle, sondern mit Ölheizungen gewärmt. Als 1958 die erste Zeche in Minden schließt, müssen sich die Kumpels plötzlich um ihre Zukunft sorgen.
Größte Demonstration in Bonn
Ein Jahr später marschieren 60.000 Bergmänner durch Bonn, die bis dahin größte Demonstration in der Bundeshauptstadt. "Weg mit den Massenentlassungen"', fordern sie auf Plakaten. Steinkohle wird zur politischen Größe, ein langer Abschied beginnt.
Die Arbeiter profitieren vom "Mythos Bergmann", vom Bild des schwer schuftenden Malochers, der Deutschland nach dem Krieg aufgebaut hat. "Es muss uns gelingen, dass kein Bergmann ins Bergfreie fällt", zitiert der Gewerkschafter Norbert Formanski die damaligen Forderungen der Bergbaugewerkschaft.
Jahrelang sucht man einen Ausweg. Dann holt Wirtschaftsminister Karl Schiller die Keule heraus: Das Kohlegesetz kündigt die Streichung aller Subventionen an, wenn es zu keiner Sanierung der Montanindustrie kommt.
Gemeinsam gegen das Zechensterben
Unter dem Druck aus Bonn formiert sich eine Allianz für einen geordneten Ausstieg. Am 27. November 1968 wird die Einheitsgesellschaft "Ruhrkohle AG" gegründet. Der Zusammenschluss der Bergbaugesellschaften sowie Subventionen sollen verhindern, dass man sich gegenseitig ruiniert.
Im darauf folgenden Juli unterzeichnet die Bundesregierung und 20 Alt-Gesellschaften den Grundvertrag: 175.000 Beschäftigte auf 47 Schachtanlagen, in 28 Kokereien und sechs Brikettfabriken kommen unter ein Dach.
Das 50-jährige Ende
"Es sollte kein Bergmann zum Arbeitsamt gehen müssen, um sich arbeitslos zu melden. Keine betriebsbedingten Kündigungen!", erinnert sich Formanski. Frührente mit 49 - die Bergleute sichern sich mit der Ruhrkohle AG eine soziale Abfederung, um die andere Krisenbranchen sie beneiden.
Dennoch: Mit jeder Zeche, die geschlossen wird, schmilzt das politische Gewicht der Kumpel in den alle paar Jahre folgenden, neuen "Kohlerunden". Die Subventionen gehen auch auf Druck der EU immer weiter zurück. Im Ruhrgebiet bleibt die Arbeitslosigkeit hoch. Am 21. Dezember 2018 ist endgültig "Schicht im Schacht".
Programmtipps:
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 27. November 2018 ebenfalls an die Ruhrkohle AG. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
Stichtag am 28.11.2018: Vor 50 Jahren: Todestag der Schriftstellerin Enid Blyton