9. Oktober 1923 - Gründung der Preussag AG

Stand: 09.10.2018, 00:00 Uhr

Im Herbst 1920 schicken frustrierte Bergleute aus Recklinghausen einen Brief nach Berlin. Sie beschweren sich beim Eigentümer der Zeche - dem preußischen Staat - über "undemokratisches Verhalten und Korruption bei Beamten der Zechenverwaltungen".

Das Bergwerk im Ruhrgebiet ist einer von rund 30 staatlichen Betrieben der Grundstoffindustrie, mit denen man den Eigenbedarf - unter anderem für Rüstungsgüter - sichern will.

Die Proteste aus dem Ruhrgebiet treffen auf offene Ohren im preußischen Landtag. Vor allem konservative Abgeordnete sind ohnehin überzeugt, dass sich ohne politische Einflüsse effizienter wirtschaften lässt.

Unternehmen Preussag AG gegründet (09.10.1923) WDR 2 Stichtag 09.10.2018 04:16 Min. Verfügbar bis 06.10.2028 WDR 2

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Ein Staatsbetrieb wird Aktiengesellschaft

Am 9. Oktober 1923 wird das Gesetz über die Einheitsgesellschaft Preussag verkündet, das die ehemaligen preußischen Staatsbetriebe in die "Preußischen Bergwerks- und Hütten-Aktiengesellschaft" umwandelt. Da die Anteile aber im Staatsbesitz bleiben, gehen auch die besagten "politischen Einflüsse" weiter.

So lassen sich in der Weltwirtschaftskrise unrentable Standorte kaum schließen, weil regionalpolitische Interessen überwiegen. Diese Kombination aus Verflechtung und Verpflichtung macht es ab 1933 den Nationalsozialisten leicht, die Preussag gleichzuschalten.

Auf die entscheidenden Posten setzen die NS-Anhänger ehemalige Bergbeamte ein, die sich ihrem Selbstverständnis nach traditionell der "Staatsmacht" verpflichtet fühlen.

Volksaktie lange vor der Telekom

Die Alliierten nennen Preussag später "den schwerindustriellen Arm des NS-Apparates" und stellen das Unternehmen nach dem Krieg unter eine gesonderte Kontrolle. Noch immer gehört der Konzern dem deutschen Staat. Das will die Adenauer-Regierung 1959 ändern und die Preussag-Aktien unter das Volk bringen. Die Idee: Der kleine Mann wird zum Aktionär und damit zum Unternehmer.

Aus Preussag wird TUI

Mehr als 200.000 Kleinsparer werden so zu Anteilseignern und sind fortan mit dem Auf und Ab der Preussag-Geschäfte verbunden. Beispielsweise als Steinkohle nicht mehr rentabel gefördert werden kann, Massenentlassungen anstehen und Staatshilfe beansprucht werden muss.

1997 leitet der Vorstand die Kehrtwende ein: Preussag stößt seine Industriezweige ab und fokussiert sich auf den Tourismus. Statt Rohstoffen und Metall verkauft man Flugreisen und Kreuzfahrten. Fünf Jahre später ist auch der Name Geschichte, die Preussag AG wird zur TUI AG.

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