"Also ich sag's in aller Öffentlichkeit: Aus mir ist nix herauszubringen", sagt Gerhard Polt bei der Verleihung des Deutschen Kleinkunstpreises am 17. Februar 1981 in Mainz. Der Gewinner in der Sparte Kabarett will keine traditionelle Dankesrede halten, die im ZDF übertragen wird. Der Sender hat ihn ein Jahr zuvor zensiert: Den CSU-Politiker Friedrich Zimmermann durfte er trotz eines Meineids nicht "Old Schwurhand" nennen.
"Geschwiegen hab' ich nicht im Sinn, dass ich gar nix gesagt hab", sagt Polt später. "Ich hab' halt versucht, beredt dazustellen, dass nichts passiert." Dieser Auftritt macht ihn endgültig bekannt. Auf der Bühne präsent ist der Bayer seit 1975 - weil er Freunde in Münchner Künstlerkreisen hat. "Ich bin von anderen Leuten auf diesen Weg mehr oder weniger geschubst worden."
Altötting fördert Sprachtalent
Geboren wird Gerhard Polt am 7. Mai 1942 in München. Er wächst im oberbayrischen Wallfahrtsort Altötting auf. Das bäuerlich-handwerkliche Milieu prägt ihn. "Die Wirtshäuser waren voll mit Leuten." Unter ihnen seien "sehr große Erzähler-Talente" gewesen. Auch Polt hat Sprachtalent. Er studiert in Göteborg und München Skandinavistik und arbeitet anschließend als Übersetzer.
Im Hörspiel "Als wenn man ein Dachs wär" für den Hessischen Rundfunk spricht Polt zu Beginn seiner Bühnenkarriere 1976 mehr als 30 verschiedene Rollen von Anwohnern, die wegen Luxussanierungen ihr Wohngebiet verlassen müssen. Er ist Autodidakt, der nie eine Schauspielschule besucht.
Entlarvende Monologe
Die 1979 gestartete TV-Sketchreihe "Fast wia im richtigen Leben" mit Schauspiel-Partnerin Gisela Schneeberger und Regisseur Hanns-Christian Müller wird zum Klassiker. In der Nummer über die Katalog-Ehefrau "Mai Ling" zum Beispiel lässt Polt den Gedanken des Ehemanns - ihren entlarvenden - freien Lauf. "Alle Menschen, die ich versuche darzustellen, die sind mehr oder weniger authentisch", sagt Polt.
Ebenso legendär ist Polts erster Kinofilm "Kehraus" von 1983. Darin fordert ein Gabelstapler, der von einem Versicherungsvertreter übers Ohr gehauen wird, bei der Faschingsfeier des Münchner Konzerns sein Recht ein.
Humor für die Demokratie
Polts Wirken wird allerdings nicht von allen geschätzt. Als er im Januar 1982 in Dieter Hildebrandts "Scheibenwischer" das politische Vorgehen beim umstrittenen Main-Donau-Kanal kritisiert, protestiert die Bayerische Staatsregierung beim Sender Freies Berlin - gegen "dieses bayernfeindliche Programm und die verleumderische und bösartige Ehrabschneidung".
Später ändert die CSU ihr Vorgehen und erklärt Polt zur Institution - 2001 ausgezeichnet mit dem Bayerischen Staatspreis für Literatur. Unabhängig davon behält der Kabarettist seinen Kurs bei: "Eine Demokratie, die keinen Humor hat - und darum geht's - ist viel anfälliger für fundamentalistische oder populistische Plattitüden."
Programmtipps:
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 7. Mai 2017 ebenfalls an Gerhard Polt. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
Stichtag am 08.05.2017: Vor 15 Jahren: UN-Weltkindergipfel beginnt in New York