Im März 1976 putscht in Argentinien das Militär gegen Staatspräsidentin Isabel Perón. Die Junta unter General Jorge Rafael Videla regiert mit offenem Terror; Zehntausende werden gefoltert, ermordet oder verschwinden spurlos.
Zwei Jahre nach Beginn des "schmutzigen Kriegs" der Generäle gegen ihr Volk ist Argentinien Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft. Wie der Weltverband Fifa vertritt auch der Deutsche Fußball-Bund die Ideologie des unpolitischen Sports. DFB-Chef und Fifa-Vize Hermann Neuberger rechtfertigt sogar den Militärputsch und verbietet jeglichen Protest gegen das mörderische Regime der Junta.
Aus nach "der Schmach von Cordoba"
Gemeinsam mit Udo Jürgens singt die deutsche Nationalmannschaft "Buenos Dias, Argentina" und reist in das Land der Folterer, als wäre nichts geschehen. Stürmerstar Klaus Fischer erklärt: "Die politischen Zustände in Argentinien interessieren mich überhaupt nicht. Das Militär stört mich da nicht.“
Argentiniens Junta-Chefs: Emilio Massera (li.), Jorge Rafael Videla
Am 1. Juni 1978 eröffnet General Videla das Weltturnier in Buenos Aires. Bei der Übertragung der Eröffnungsfeier weist ARD-Kommentator Thomas Reimer deutlich auf die Zustände in Argentinien hin, was zahllose Zuschauer zu empörten Anrufen veranlasst. Als amtierender Weltmeister bestreitet Deutschland das erste Spiel und enttäuscht gegen Polen mit 0:0.
Geführt von Kapitän Berti Vogts schafft die DFB-Elf knapp den Einzug in die zweite Runde. Nach zwei Remis kann nur ein hoher Sieg über Österreich das vorzeitige Aus abwenden. Doch bei der legendären "Schmach von Cordoba" gewinnen die bereits ausgeschiedenen Österreicher durch zwei Tore von Hans Krankl und ein Eigentor von Vogts mit 3:2. Damit ist das Turnier für Deutschland beendet. Nach der Heimkehr erklärt Vogts: "Argentinien ist ein Land, in dem Ordnung herrscht. Ich habe keinen einzigen politischen Gefangenen gesehen."
Mit Bestechung ins Finale
Argentinien braucht nach einem 0:0 gegen Brasilien einen Sieg mit vier Toren Unterschied gegen Peru, um das Finale zu erreichen. Die Partie endet 6:0. Heute gilt als sicher, dass Argentiniens Machthaber den hohen Sieg durch Bestechung erkauft haben.
Im Endspiel treffen die Argentinier auf die Niederlande. Mit einem 3:1 nach Verlängerung holt der Gastgeber den WM-Titel. Bei der Abschlussfeier dankt Fifa-Präsident Joao Havelange "der argentinischen Regierung und dem argentinischen Volk für die großartige Arbeit, die sie für diese Weltmeisterschaft geleistet hat“.
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